Nächster Akt im Handelsstreit zwischen den USA und der Europäischen Union: Am Mittwoch haben die EU-Staaten den Weg für erste Gegenzölle zwischen 10 und 25 Prozent freigemacht - als Reaktion auf die von US-Präsident Donald Trump angeordneten Zölle auf Stahl und Aluminium. Kommende Woche sollen nach Angaben der Europäischen Kommission unter anderem Sonderabgaben für Jeans und Motorräder aus den Vereinigten Staaten in Kraft treten.

Nach großen Turbulenzen an den internationalen Börsen ruderte Trump am Mittwochabend auf seinem eigenen sozialen Netzwerk "Truth Social" im Zollkonflikt teilweise wieder zurück. Die USA setzen für 90 Tage die reziproken Zölle - also die Gegenzölle - auf 10 Prozent für alle Länder herab - bis auf China. Für die Volksrepublik steigen die reziproken Zölle auf 125 Prozent, heißt es in Trumps Posting weiter. In einem Statement begründete Trump seine Kehrtwende damit, dass man flexibel sein müsse. Es sei seiner Meinung nach einer der "größten Tage in der Finanzgeschichte" und bezog sich damit auf seine Entscheidung, mit den übermäßigen Zollerhöhungen vorerst 90 Tage lang zu pausieren.
Die Herabsetzung der Zölle bedeutet für Deutschland und die EU, dass der Zollsatz nun halbiert wird. Während der Pause von 90 Tagen soll es Verhandlungen zwischen den betroffenen Staaten und den Vereinigten Staaten geben. Die Regeln sollen ab sofort gelten.
EU denkt über weitere Gegenzölle nach
Bereits vor Trumps vorläufiger Kehrtwende im Zollkonflikt berieten die EU-Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten über mehrere Gegenzölle, die ab Mitte Mai und Ende des Jahres erhoben werden könnten. Das betrifft unter anderem auch Lebensmittel wie Rindfleisch, Geflügel, Zitrusfrüchte wie Orangen oder Grapefruits. Anfang Dezember sollen Zusatzzölle für Nüsse und Sojabohnen kommen.
Die ersten Zölle treffen nach EU-Angaben ein Handelsvolumen von 3,9 Milliarden Euro. Am 15. Mai sollen dann Zölle auf Waren im Wert von 13,5 Milliarden erhoben werden, und die dritte Welle trifft ein Volumen von 3,5 Milliarden.
Whisky nicht von Gegenzöllen betroffen
Entgegen ursprünglicher Planungen gibt es vorerst keine Zusatzzölle auf amerikanischen Whisky und andere alkoholische Getränke. Als Grund gilt vor allem die Lobbyarbeit von Ländern wie Frankreich und Italien. Trump hatte nach Bekanntwerden der EU-Planungen mit Gegenzöllen von 200 Prozent auf Wein, Champagner und andere alkoholische Getränke aus EU-Staaten gedroht, sollte die EU das Vorhaben umsetzen.
Bei den geplanten EU-Sonderzöllen handelt es sich nicht um die Reaktion auf die am Mittwochmorgen in Kraft getretenen sogenannten wechselseitigen Zölle, sondern auf bereits vor rund einem Monat verhängte neue US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. Diese US-Maßnahmen treffen nach EU-Angaben Exporte im Wert von 26 Milliarden Euro und könnten den USA damit theoretisch zusätzliche Zolleinnahmen von rund 6,5 Milliarden Euro bescheren.
Für Einfuhren aus der EU werden in den USA nun 20 Prozent Zoll fällig
Derweil traten am Mittwoch zusätzliche US-Zölle in Kraft. Für Einfuhren aus der EU werden nun 20 Prozent Zölle fällig. China trifft es am härtesten, auf chinesische Einfuhren gilt ein Aufschlag von 104 Prozent. Nach der Argumentation des Republikaners wird die Zoll-Offensive die Produktion von Waren in den USA wiederbeleben, indem Unternehmen zum Umzug ihrer Fertigung in das Land gezwungen werden. Viele Experten stellen jedoch infrage, wie schnell das gelingen kann - und ob überhaupt. Sie warnen davor, dass die Inflation erneut angeheizt werden könnte.
Was die Gegenzölle der EU bedeuten

WDR-Wirtschaftsredakteur Wolfgang Landmesser
"Alles ist denkbar", sagt Wolfgang Landmesser von der WDR-Wirtschaftsredaktion. Die EU verbinde die noch sehr überschaubaren Zölle ja mit dem Angebot an US-Präsident Donald Trump zu verhandeln. Bis dato habe er das abgelehnt - und neue Forderungen gestellt. "Aber die Strategie bietet zumindest die Chance, eine Zollspirale zu vermeiden", so Landmesser. Die EU wolle mit den Gegenzöllen "Härte zeigen, aber auch Verhandlungsbereitschaft".
Ganz anders anders mache es China: Mit gleicher Münze beziehungsweise Zollsätzen heimzahlen. Peking setzt seine geplanten Vergeltungszölle hoch: Am Donnerstag um 12.01 Uhr (Ortszeit; 06.01 Uhr MESZ) treten laut Finanzministerium Gegenaufschläge von 84 Prozent auf alle US-Importe in Kraft - anstelle der bislang vorgesehenen 34 Prozent.
Eine europäische Digitalsteuer als mögliche Antwort auf US-Zölle - der richtige Weg?
Diskutiert wird auch die Einführung einer europäischen Digitalsteuer als mögliche Antwort auf US-Zölle. Dazu sagt Landmesser, es gebe unterschiedliche Pläne, wie die EU gegen die großen amerikanischen Digitalkonzerne vorgehen könnte. Das müsse keine Steuer sein. Eine Idee gehe in die Richtung, die Auflagen für Plattformen wie Facebook oder X zu verschärfen. "Also das umzusetzen, was ohnehin schon geplant ist, um einen fairen Austausch zu erreichen, Hassrede und Lügen zu stoppen", so Landmesser. Aus seiner Sicht ist das Vorgehen gegen US-Unternehmen allerdings auch riskant. Bei Anwendungen von Künstlicher Intelligenz (KI) ist die EU abhängig von Rechenzentren und anderen Aktivitäten in den USA. Eine eigene KI-Infrastruktur müsse Europa erst noch aufbauen.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Gespräch mit WDR-Wirtschaftsredakteur Wolfgang Landmesser
Über dieses Thema berichtete der WDR am 09.04.2025 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde um 18.45 Uhr.