Bei TikTok postete "Ballischrott" ein Video, wie sie in Lissabon eine Treppe herunter geht. Während des Abstiegs ruft sie ihren Freundinnen, die vorausgehen zu: "Das ist so nervig, hier runterzulaufen. Weil die Treppe ist nicht genormt." Die Freundinnen lachen - und das Netz lacht auch.
Doch im Netz bleibt es nicht nur beim Lachen. Nach bekannter TikTok-Manier greifen viele Nutzer die Idee auf. Sie nutzen das Audio um es hinter ihre eigenen Videos zu legen. Sie laufen an den verschiedensten Orten Treppen herunter, wie beispielsweise an der Treppe der Chinesischen Mauer oder der Treppe in einem Bus. Und immer ist im Hintergrund Ballischrotts Stimme zu hören, die sagt: "Weil die Treppe ist nicht genormt".
"Life after genormte Treppen"
Die Nutzerin selbst ist etwas irritiert über ihre plötzliche Bekanntheit. Bei TikTok postete sie anschließend ein Video mit der Aufschrift: "Life after genormte Treppen".
Hier sagt sie: "Den ganzen Tag höre ich aus irgendwelchen Videos heraus, meine Stimme, weil ich scheinbar die Person bin, die das für Deutschland unpolitischste Thema zum drüber reden geschaffen hat. Die scheiß Treppen."
Eine solche Treppe wie die in Lissabon dürfte es hier in Deutschland eigentlich nicht geben. Denn Treppen und Geländer werden in Deutschland nach der DIN-Norm "DIN 18065 Gebäudetreppen" geplant und errichtet. DIN-Normen werden vom Deutschen Institut für Normung e. V. (DIN) festgelegt, einer unabhängigen Plattform für Normung und Standardisierung in Deutschland und weltweit.
"DIN 18065 Gebäudetreppen" ist in den meisten Bundesländern in der Liste der technischen Baubestimmungen enthalten und damit auch öffentlich rechtlich eingeführt. Diese technischen Baubestimmungen sind keine reinen Empfehlungen, sondern müssen von den jeweiligen Behörden der Bauaufsicht beachtet werden. Ergänzt wird die DIN-Norm durch die Landesbauordnungen. Widerspricht sie dieser, dann gilt primär die Landesbauordnung.
Doch was heißt eigentlich "genormt"? Und woran liegt es, dass man manche Treppen als angenehmer empfindet, als andere?
Viele Regeln für "genormt"
Nach DIN 18065 sind unter anderem auch die "Grenzmaße für nutzbare Treppenlaufbreite, Treppensteigung, Treppenauftritt" festgeschrieben. Je nach Gebäude und Art der Treppe variieren die Werte hier leicht.
Für baurechtlich notwendige Treppen in Gebäuden im Allgemeinen gilt: Der Auftritt einer Stufe muss eine Tiefe von mindestens 26 und maximal 37 cm haben. Die Höhe der Stufe muss zwischen 14 und 19 cm liegen. Und die nutzbare Laufbreite muss mindestens 100 cm betragen.
Aber es gibt noch eine Vielzahl weiterer Regeln für Treppen: Die "lichte Treppendurchgangshöhe", also die Kopfhöhe bei allen Treppen, muss mindestens zwei Meter betragen. Nach maximal 18 Stufen muss ein Podest kommen. Treppengeländer müssen laut Bauordnungsrecht eine Mindesthöhe von 90 cm besitzen - wenn die mögliche Absturztiefe 12 Meter nicht überschreitet. Und es macht auch einen Unterschied, wo die Treppe sich befindet: Für eine Treppe in einem Kaufhaus gelten zum Teil andere Regeln, als für die Treppe in einem Wohnhaus.
Die Schrittmaßregel
Die Schrittmaßregel ist für die Bequemlichkeit einer Treppe am wichtigsten. Jede Treppenstufe setzt sich aus dem Auftritt und der Steigung zusammen. Das Steigungsverhältnis einer Treppe ist mit der Schrittmaßregel zu planen. Die Regel lautet:
2 s (Setzstufe) + a (Auftrittstiefe einer Trittstufe) = 630 mm
Das bedeutet: Zweimal die Höhe einer Stufe plus die Tiefe des Auftritts der Stufe muss insgesamt 63 cm ergeben. Die 63 cm ergibt sich aus der Schrittlänge des Menschen. Die Regel geht von einer Schrittlänge von 59 bis 65 cm aus.
Aus dem Schritt gekommen
Im Video der Nutzerin Ballischrott ist zu erkennen, dass die Treppe einen sehr breiten Auftritt und eine sehr geringe Steigung besitzt.
Sie entspricht wahrscheinlich nicht den Grenzmaßen oder der Schrittmaßregel, wodurch die Nutzerin beim Abstieg der Treppe aus dem Schritt kommt - und das ist dann "nervig".
Quellen:
- TikTok
- Website TÜV SÜD
Über dieses Thema berichten wir im WDR am 25.04.2025 auch im Fernsehen: WDR aktuell, 12.45 Uhr.