Temu und Shein im Visier der EU: Wird Online-Shopping jetzt teurer?
Stand: 05.02.2025, 15:30 Uhr
Die EU erhöht den Druck auf Billig-Shoppingportale aus China wie Temu, AliExpress und Shein. Brüssel stellte unter anderem Pläne für eine Bearbeitungsgebühr vor. Was bedeutet das für Käuferinnen und Käufer?
Von Felix Wessel und Jörn Seidel
Ob Kleidung, Technik, Spielzeug oder Küchenutensilien - bei den beliebten asiatischen Shopping-Portalen wie Temu, AliExpress und Shein findet man eine riesige Produktvielfalt und oft ziemlich niedrige Preise. Die Plattformen sind in den vergangenen Jahren enorm gewachsen. Shein ist mittlerweile eines der größten Modeunternehmen der Welt - obwohl es immer wieder massive Kritik an der Produktqualität gibt.
Auf den Plattformen tauchen auch regelmäßig Fälschungen auf. Das ist ärgerlich für Kundinnen und Kunden. Aber es ist mittlerweile auch ein Problem für Unternehmen in NRW. Etwa der Zangenhersteller Knipex in Wuppertal hat immer wieder mit Plagiaten auf Temu zu kämpfen.
Schadstoffe und mangelnde Sicherheit: Kritik an Produkten von Shein und Temu
Und es gibt immer wieder Tests, die zu hohe Schadstoffbelastungen in Produkten aufdecken. Im Sommer 2024 hat zum Beispiel Öko-Test verschiedene Produkte von Shein geprüft - der Großteil fiel durch. Acht von 21 getesteten Produkten enthielten etwa Rückstände von giftigen Chemikalien. Dabei handelte es sich vor allem um Kleidung für Kinder und Jugendliche.
Allerdings betont Shein immer wieder, dass das Unternehmen großen Wert auf Produktsicherheit lege. 2024 habe man mehr als zwei Millionen solcher Tests durchgeführt - darunter auch chemische Überprüfungen.
Der TÜV-Verband bemängelte im Herbst 2024 , dass viele Produkte, die über solche Plattformen direkt außerhalb der EU gekauft werden, "nicht die geltenden Anforderungen an die Produktsicherheit erfüllen". Dazu zählten beispielsweise scharfkantige Spielzeuge, ungenaue Gesundheitstracker, falsche oder gar keine CE-Kennzeichnungen oder fehlende Kontaktinfos.
Bestellungen kommen meist per Flugzeug direkt aus China
Wer bei den Portalen einkauft, muss heute oft noch recht lange auf seine Bestellung warten. Denn die Ware kommt meist direkt aus China und muss erst einmal mit dem Flugzeug zu uns nach Deutschland gebracht werden.
Bei Bestellungen unter 150 Euro fällt bisher keine Zollgebühr an. Doch diese Freigrenze ist mittlerweile ziemlich umstritten. Kritiker finden, dass die chinesischstämmigen Online-Plattformen damit einen Vorteil bekommen. Es gibt auch den Vorwurf, dass dabei immer wieder getrickst wird - etwa indem größere Einkäufe in mehrere kleine Päckchen verpackt werden, um Zoll-Gebühren zu umgehen.
EU-Kommission will Bearbeitungsgebühr für Päckchen von Shein, Temu & Co.
Wie die EU-Kommission jetzt mitgeteilt hat, kamen im vergangenen Jahr 91 Prozent aller E-Commerce-Importe mit einem Wert von bis zu 150 Euro aus China. Doch Bestellungen bei Temu, AliExpress oder Shein könnten für europäische Verbraucher bald teurer werden - wie sehr, lässt sich allerdings noch nicht konkret sagen.
Die Kommission hat in Brüssel Pläne für eine Bearbeitungsgebühr vorgestellt, um die Flut von teils gefälschten und unsicheren Waren aus sogenannten Drittländern in den Griff zu bekommen. Diese Gebühr soll erhoben werden als Ausgleich für steigende Kosten bei der Produktprüfung und Zollabfertigung von Paketen.
Mit der Reform soll außerdem die bisherige Zollbefreiung für Sendungen im Wert von bis zu 150 Euro wegfallen. Und Online-Händler sollen künftig kontrollieren, ob die auf ihren Plattformen angebotenen Produkte legal sind und EU-Sicherheitsnormen entsprechen.
Europaparlament und EU-Staaten müssten noch zustimmen, damit die Änderungen in Kraft treten. Perspektivisch könnte das mit dafür sorgen, dass Kundinnen und Kunden der asiatischen Anbieter künftig hochwertigere Produkte zugeschickt bekommen.
Untersuchung gegen Shein in der EU gestartet
Die EU-Kommission hat nun außerdem eine Untersuchung gegen Shein bekanntgegeben, um mögliche Verstöße gegen den europäischen Verbraucherschutz zu prüfen. Gegen AliExpress und Temu laufen bereits Verfahren unter dem EU-Gesetz für Digitale Dienste (DSA).
Der Druck auf die Portale steigt also auf EU-Ebene. Und nicht nur dort. Erst vor Kurzem hat die Bundesregierung einen "Aktionsplan E-Commerce" beschlossen. Man habe damit ein Zeichen setzen wollen "für fairen Wettbewerb und den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor unsicheren und gefährlichen Produkten im Onlinehandel", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen).
US-Präsident Trump hat gerade ein Schlupfloch für Shein, Temu und Co. aufgehoben. Bisher lag dort die Zollfreigrenze für Waren aus China sogar bei 800 Dollar. Das hat Trump im Rahmen seiner Zoll-Erlasse jetzt gestrichen.
Asiatische Online-Händler ändern zum Teil bereits ihr Geschäftsmodell
Während Deutschland, die EU und Amerika also Änderungen vornehmen, um besser auf die von Shein, Temu, AliExpress und Co verursachten Probleme reagieren zu können, haben die Anbieter zum Teil schon vor Monaten begonnen, ihr Geschäftsmodell zu ändern.
Temu sorge für eine bessere Produkt-Qualität, sagte der E-Commerce-Experte Ed Sander vom Portal "Tech Buzz China" dem Deutschlandfunk. "Und sie bringen die Produkte näher an die Menschen, um schneller zu liefern und für ein breiteres Sortiment."
In der Temu-App sind mittlerweile zum Beispiel oft Hinweise wie “lokales Lager” oder “Quickship” (schnelle Lieferung) zu sehen. Artikel wie Hamsterkäfige, Katzenbäume oder ferngesteuerte Autos kommen dann statt aus China zum Teil sogar von einem Verkäufer mit Sitz in NRW, etwa aus Essen, Ratingen oder Wuppertal. Das geht dann natürlich deutlich schneller als die Lieferung aus China.
Als Ziel nennt Temu: Künftig sollen 80 Prozent des Gesamtumsatzes in Europa über dieses Programm abgewickelt werden, das vom Unternehmen als “Local to Local” bezeichnet wird. So lassen sich bei Temu mittlerweile auch größere Produkte wie ein Schlafsofa bestellen.
Extreme Billigpreise auf Temu & Co werden weniger
Durch die Umstellung auf eine Lieferung aus Deutschland oder anderen Ländern in Europa werden extrem günstige Preise auf Temu allerdings seltener. Doch die hatte das Unternehmen laut Experten zum Start auch vor allem eingeführt, um neue Kunden zu gewinnen. Damit habe Temu Marktanteile gekauft, erklärt China-Experte Ed Sander. "Dann erhöhen sie langsam die Preise, bis sie etwa 85 Prozent des Niveaus von Amazon erreichen."
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters und AFP
- Beitrag im WDR5-Wirtschaftsmagazin
- Deutschlandfunk-Beitrag
- Presse-Statements von Shein und Temu
- Informationen des Bundeswirtschaftsministeriums
- Öko-Test
- TÜV-Verband
Über dieses Thema berichten wir im WDR am 05.02.2025 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.