AfD-Funktionär in Hamm weiter von kirchlichen Diensten ausgeschlossen
Lokalzeit aus Dortmund. 17.09.2024. 04:03 Min.. Verfügbar bis 17.09.2026. WDR. Von Christof Voigt.
AfD-Funktionär in Hamm weiter von kirchlichen Diensten ausgeschlossen
Stand: 17.09.2024, 18:01 Uhr
Die katholische Kirche im Erzbistum Paderborn bleibt bei ihrer Entscheidung, einen AfD-Funktionär aus Hamm von seinen ehrenamtlichen Diensten auszuschließen. Christliche Werte und der völkische Nationalismus der AfD seien nicht vereinbar.
Von Christof Voigt
Anfang Juli hat ein Pfarrer aus Hamm den AfD-Funktionär Julian-Bert Schäfer rausgeschmissen. Nicht aus der katholischen Kirche, aber aus seinen Ehrenämtern. Orgelspielen darf der AfD-Mann nicht mehr in Hamm und auch nicht als Messdiener auftreten. Dabei soll es bleiben, bestätigt das Erzbistum Paderborn jetzt die Entscheidung.
AfD-Funktionär Julian-Bert Schäfer
Julian-Bert Schäfer ist Beisitzer im Vorstand des AfD Kreisverbands Hamm. Der 20-jährige Student arbeitet auch als Büroleiter der Hammer Ratsfraktion seiner Partei. Er ärgert sich, weil er auf seine schriftliche Nachfrage, warum ihn der Pfarrer rausgeschmissen hat, keine Antwort bekommen hat.
Erzbistum Paderborn steht hinter der Entscheidung des Pfarrers
Das Erzbistum Paderborn steht hinter der Entscheidung des Geistlichen aus Hamm. Es habe eine "sorgfältige Einzelfallprüfung" gegeben. Julian-Bert Schäfer sei gebeten worden, das kirchliche Ehrenamt ruhen zu lassen, solange er eine "öffentlich wahrnehmbare Funktion für die AfD ausübt und sich nicht von den unvereinbaren Positionen distanziert".
Ihm sei weiter mitgeteilt worden, dass er sein "kirchliches Engagement unter veränderten Umständen und klarer Distanzierung von den inhaltlich problematischen Positionen wieder aufnehmen könne".
Die Deutsche Bischofskonferenz hatte im Februar 2024 beschlossen: "Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar. Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar".
AfD wirft katholischer Kirche "Propaganda" vor
Schäfer und sein Anwalt Roger Beckamp, AfD-Bundestagsabgeordneter, werfen der katholischen Kirche "Propaganda" vor. Sie wollen wissen, unter welchen konkreten Umständen Julian-Bert Schäfer seine Dienste in der katholischen Kirche wieder aufnehmen kann, fragen unter anderem: "Welche Ämter, Handlungen oder sonstiges sollen niedergelegt werden müssen?".
Einschätzung der Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus
Jonas Flick von der Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Arnsberg erklärt, der Kreisverband Hamm lasse sich "dem völkisch-nationalistischen Spektrum der Partei zuordnen". Flick beobachtet die AfD in Hamm, aber auch den Bezirksverband Arnsberg intensiv.
Gerade in Hamm betreibe die Partei eine "rassistische Agenda", insbesondere "asylfeindliche oder antimuslimische Inhalte" würden dort verbreitet. Auch die Nähe zu wichtigen Mandatsträgern der AfD aus dem völkisch-nationalistischen Lager sei auffällig. So seien in Hamm in der Vergangenheit immer wieder Gastredner aus "dem Rechtsaußen-Spektrum der Partei" wie Björn Höcke aufgetreten.
Kirchenrechtler fordert klare Rechtsgrundlage von katholischer Kirche
Der Fall in Hamm sei kein Einzelfall, sagt Professor Thomas Schüller, Kirchenrechtler und Institutsdirektor der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster. Er sieht eine ganze Welle solcher Konflikte auf die Kirche zurollen.
Der Kirchenrechtler fordert von der katholischen Kirche klare Rechtsgrundlagen: "Wir haben noch keine deutschen kirchenrechtlichen Normen, auf deren Grundlage wir ehrenamtliche Dienste sanktionieren könnten. Das ist eine Regelungslücke. Eine bloße Erklärung, auf die sich der Pastor in Hamm beruft, ist noch keine Rechtsgrundlage. Das ist jetzt die Flanke, in die die Proteste hineingehen".
Kirchenrechtler: Grundlage bestehendes Arbeitsrecht der Kirchen
Der Professor schlägt vor, sich dafür am bestehenden Arbeitsrecht der Kirchen zu orientieren. Dort gebe es bereits eine Passage, die eine Zusammenarbeit ausschließt, wenn sich Mitarbeiter, etwa einer kirchlichen Hilfsorganisation, fremdenfeindlich, frauenfeindlich oder antisemitisch verhalten oder durch anderes menschenverachtendes Verhalten auffallen. Das müsse im Einzelfall aber auch nachgewiesen werden, die Kirche könne nicht sagen: "Mir gefällt deine Nase nicht, du machst deinen Dienst nicht mehr".
AfD-Landtagsabgeordneter droht kritischen Gläubigen mit "Platz in der Hölle"
Der AfD-Funktionär will gemeinsam mit Landtags- und Bundestagsabgeordneten einen Beschwerdebrief an den Vatikan schicken. Vorbereitet wird er vom AfD-Landtagsabgeordneten Sven Tritschler.
In einem Video auf seinem YouTube-Kanal droht Tritschler der katholischen Kirche relativ unverhohlen: "Ein Messdiener wird ausgeschlossen, weil er sich für die AfD engagiert, die katholischen Bischöfe warnen vor der Wahl der AfD (…) Wir werden sprechen über die Finanzierung der Staatskirchen in Deutschland. Und denjenigen, die ihre Position in der Kirche missbrauchen, um gegen politische Parteien zu wettern, denen verspreche ich eins: Für euch ist ein besonders warmer Platz in der Hölle reserviert".
Unsere Quellen:
- WDR-Interview mit Julian-Bert Schäfer, AfD Hamm
- WDR-Interview mit Professor Thomas Schüller, Institutsdirektor der Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Münster.
- WDR-Interview mit Jonas Flick, Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Regierungsbezirk Arnsberg
- Pfarrei St. Franziskus von Assisi Hamm
- Erzbistum Paderborn
- Sven Tritschler, AfD-Landtagsabgeordneter
- YouTube-Kanal Sven W. Tritschler, @svenw.tritschler2274