Erst Dienstag hatte das Bistum Essen über schwere Anschuldigungen gegen Gründer-Bischof Hengsbach informiert und damit große Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Der 1991 verstorbene Kardinal soll in den 50er und 60er Jahren bei mindestens zwei Mädchen sexuell übergriffig gewesen sein.
Drei Tage später räumt der Chef des jüngsten aller deutschen Bistümer ein, von einem dieser Fälle in Paderborn nicht nur bereits 2011 gewusst zu haben. Er habe die ablehnende Bewertung seiner Kirche (die Vorwürfe seien nicht plausibel) auch hingenommen und den Fall und die Vorwürfe zu den Akten gelegt.
Er sei damit dem "Muster" gefolgt – so Overbeck in dem Schreiben - "dem Schutz des Ansehens eines kirchlichen Würdenträgers Vorrang zu geben" und nicht die "betroffenen Menschen hinreichend zu sehen."
Betroffene kritisieren die Entschuldigung
Die zitierten Betroffenen sexualisierter Gewalt berührt diese öffentliche Entschuldigung wenig. "Mich stört, dass alles nur rauskommt, wenn es keine Alternative mehr gibt", so Markus Elstner aus Bottrop. Immerhin stehe die Veröffentlichung eines weiteren Gutachtens in Paderborn bevor - auch zu Hengsbach.
Bei der Vorstellung der jüngsten Missbrauch-Studie im Februar 2023 wurden selbst bekannte Vertuschungen des beschuldigten Kardinals so milde bewertet, dass dies verwunderte. Tatsächlich gibt Overbeck jetzt zu, gewusst zu haben, dass Hengsbach womöglich selber sogar Täter ist.
Informationen nicht weitergegeben
Dass er mit zurückgehaltenen Infos über Hengsbach nicht nur Wissenschaftler im Unklaren ließ, sondern auch das eigene Haus, also die Ansprechperson für sexualisierte Gewalt, ist bemerkenswert. Schließlich steht Bischof Overbeck dafür, sich bei der Aufarbeitung deutschlandweit vorne zu platzieren. Aber welchen Wert hat da eine erneute Entschuldigung eines Kirchenoberen?
"Am Ende des Briefes bettelt er förmlich darum, weiter Bischof bleiben zu dürfen", bilanziert der Betroffene Markus Elstner. Er möchte Taten sehen. Das bedeutet nennenswerte Entschädigungen. Solche, die einem Opfer von 2011 womöglich deshalb entgangen seien könnten, weil Bischof Franz-Josef Overbeck nach eigener Darstellung wichtige Informationen nicht weitergegeben hat.
Über dieses Thema haben wir am 22.09.2023 im Hörfunk bei WDR 2 berichtet: Lokalzeit Düsseldorf.