Wölfin Gloria: Warum eine Abschussgenehmigung allein nicht hilft

Lokalzeit aus Duisburg 05.12.2023 Verfügbar bis 05.12.2025 WDR Von Anna Deschke

Wölfin Gloria: Warum eine Abschussgenehmigung allein nicht hilft

Stand: 06.12.2023, 08:45 Uhr

Schäfer und Tierhalter am Niederrhein und im Ruhrgebiet sind besorgt: Immer wieder reißen Wölfe Weidetiere. Dass Jäger Wölfe bald in bestimmten Fällen abschießen können sollen, löse das Problem aber auch nicht.

Von Anna Deschke

Schäfer Tobias Thimm hat in diesem Jahr bereits zwei Wolfsangriffe auf seine Herde erlebt. Er ist mit seinen Tieren auf Wiesen rund um Oberhausen und Dinslaken unterwegs.

Im Februar wurden bei einem Wolfsangriff 39 seiner Schafe getötet, viele weitere verletzt. Die vorgegebenen Schutzzäune haben die Wölfe offenbar überwunden. Die Konsequenz für den Schäfer: Er lehnt Aufträge ab, ist mit seinen Schafen nur noch dort unterwegs, wo der Wolf bisher noch nicht aktiv war.

Ein Schäfer steht vor seiner Herde

Schäfer Tobias Thimm vor seiner Herde

So wie Tobias Thimm geht es vielen Tierhaltern und Schäfern am Niederrhein. Sie haben Angst, weil immer wieder Weidetiere gerissen werden. Tierschützer machen sich Sorgen, dass die Wölfe getötet werden könnten. Genau in diese Richtung geht eine Entscheidung der Umweltministerkonferenz aus der letzten Woche: Der Abschuss der eigentlich streng geschützten Tiere soll erleichtert werden.

Wo die Wölfe in NRW unterwegs sind

Laut Landesumweltamt gibt es in NRW aktuell fünf Wolfsterritorien. Demnach ist ein Rudel in Schermbeck heimisch, ein Einzeltier bei Haltern am See und eines im Dämmerwald im Kreis Recklinghausen. Außerdem wurde ein Einzeltier im Ebbegebirge bei Meinerzhagen und ein Wolfspaar bei Leuscheid nachgewiesen.

Besonders auffällig ist Wölfin Gloria aus Schermbeck. Zuletzt hat das Tier innerhalb von vier Wochen sechs Mal als sicher geltende Herdenschutzzäune überwunden und Schafe gerissen. Da von dem Tier ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden zu erwarten sei, wird aktuell geprüft, Gloria zu töten. Aber auch für die anderen Wölfen in der Region könnte es bald schneller eine Abschussgenehmigung geben.

Tierschützer kritisieren Abschussgenehmigung

In Regionen mit vermehrten Wolfsrissen soll nach einem Weidetierriss 21 Tage lang eine Abschussgenehmigung möglich sein. Im Umkreis von 1.000 Metern um die betroffene Weide dürfte dann gejagt werden. Scharfe Kritik an der Entscheidung kommt vom NABU NRW.

Sie fordern andere Lösungen, denn in NRW lebe gerade mal ein Prozent der bundesweiten Wolfspopulation. Voraussetzung für ein möglichst konfliktarmes Zusammenleben sei ein flächendeckender Herdenschutz. Das Land stelle für Herdenschutz jährlich zwei Millionen Euro zur Verfügung, im Jahr 2022 sei allerdings noch nicht einmal ein Viertel abgerufen worden.

Der NABU appelliere deshalb an Hobby- wie auch Erwerbshalter von Weidetieren, die Förderung in Anspruch zu nehmen und Herdenschutz zu installieren.

Land prüft Wolfs-Abschuss

WDR 5 Westblick - aktuell 16.11.2023 04:55 Min. Verfügbar bis 15.11.2024 WDR 5


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Keine einfachen Lösungen

An den aktuell verfügbaren Herdenschutz glaubt Schäfer Tobias Thimm nicht mehr. Aber auch der schnellere Abschuss der Wölfe ist für ihn nicht die Lösung. Denn er sei mit seinen Schafen häufig in Bereichen unterwegs, in denen gar nicht gejagt werden dürfe, etwa weil Wohngebäude in der Nähe sind. Außerdem glaubt er nicht, dass sich für den Job überhaupt Jäger finden würden: "Der muss ja seine Identität preisgeben. Dann würde es heißen: Max Mustermann hat den Wolf geschossen. Da wäre bei Max Mustermann im Vorgarten aber die Hölle los."

Ähnlich sieht das auch die Jägerschaft. Man habe schon jetzt immer wieder mit Anfeindungen zu kämpfen. Viele Jäger würden deshalb den Wolf gar nicht schießen wollen, sagt Peter Kleimann von der Kreisjägerschaft Bottrop: "Eine Lösung des Problems dürfte darin bestehen, dass staatlich oder vom Land beauftragte Jäger oder Beamte dazu übergehen, diesen Wolfsabschuss überhaupt zu tätigen und die örtliche Jägerschaft gar nicht in Mitleidenschaft gezogen wird."

Viele Fragen sind auch nach dem Beschluss der Umweltminister noch offen. Klar ist: Einfache Antworten gibt es beim Thema Wolf keine.

Unsere Quellen:

  • Landesumweltamt NRW
  • NABUNRW
  • Kreisjägerschaft Bottrop
  • WDR-Reporterin