Jacques Tilly und der Hass Lokalzeit aus Düsseldorf 13.02.2024 02:41 Min. Verfügbar bis 13.02.2026 WDR Von Markus Gröters

Wagenbauer Tilly: "Karnevalswagen, die allen gefallen, sind langweilig"

Stand: 13.02.2024, 15:36 Uhr

Der Düsseldorfer Karnevalswagenbauer Jacques Tilly hat wegen seiner politisch-satirischen Motive immer wieder mit Hasskommentaren zu kämpfen. Die meisten der Figuren hat er heute zerstört. 

Von Moritz Börner

Dienstagmorgen, in einem ehemaligen Straßenbahndepot in Düsseldorf. Jacques Tilly, der für den Rosenmontagszug die Mottowagen baut, schwingt ein Brecheisen und trifft den Kopf einer überdimensionalen Pappmaché-Figur von Donald Trump. Das jährliche Abreißen der Mottowagen am Veilchendienstag gehört in der Landeshauptstadt sozusagen zum Karneval dazu: Zahlreiche Medien sind dabei. 

Die Karikatur von OB Keller nach Tillys Aufräumarbeiten. | Bildquelle: Moritz Börner

Als nächstes trifft es den Düsseldorfer Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) beziehungsweise eine überlebensgroße Figur von ihm. Ein paar Hiebe mit dem Brecheisen, und sie ist kaputt. Zurück bleiben bunte Pappfetzen und verbogener Draht. Jacques Tilly, dessen politisch-satirischen Motive meist weltweite Aufmerksamkeit erregen, hat sichtlich Spaß daran.   

Viel Zustimmung, aber auch Kritik und Hasskommentare

Die Fotos seiner Wagen gehen auch in diesem Jahr um die Welt. Dieses Jahr sorgen vor allem zwei Figuren für Aufsehen: der ehemalige US-Präsident Donald Trump, der aus der amerikanischen Flagge ein Hakenkreuz formt und eine Figur Putins in einer homoerotischen Pose. Mit den zugespitzten Motiven erntet Tilly viel Zustimmung, aber auch Kritik. Nicht selten schlägt ihm Hass entgegen. 

So schreibt ein Internetnutzer mit Bezug auf den Putin-Wagen, dieser sei "an perverser Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten". Auch ein Wagen, der die AFD aufs Korn nimmt, wird kritisiert, "Pfui Teufel" heißt es in einer E-Mail an Jacques Tilly. Doch bei solchen noch eher harmlosen Kommentaren bleibt es oft nicht. 

Mottowagen sollen polemisieren

"Ich baue seit 41 Jahren Wagen. Früher war es natürlich nicht so, dass es so direkt kam, weil es Social Media noch nicht gab. Ich würde sagen, seit 2015, seit die AFD großes Thema ist, seitdem der Rechtspopulismus so um die Welt rast, ist es sehr viel schlimmer geworden", erzählt der 60-Jährige. Es gebe Hasskommentare und Morddrohungen: "'Ab ins Gas mit euch, Schuss in den Hinterkopf und dann in den Graben' - solche Sachen kommen verstärkt dann in den letzten Jahren."  

Die Kritik, sagt Tilly, zeige auch, dass er mit seinen Wagen einen Nerv getroffen habe, "Wagen, die allen gefallen, sind langweilig." Immer wieder haben in der Vergangenheit die dargestellten Prominenten auf die Wagen reagiert. "Wenn ernsthafte Kritik kommt, wo ich sagen muss, die kann ich verstehen, dann antworte ich auch. Kritik ist ja auch ein Geschenk."

“In nehme es mit Humor”

Angst wegen der zahlreichen Hasskommentare im Internet hat Tilly nicht. "Ich bin angstfrei. Meine Frau sagt immer, wenn sie mich schon umbringen, dann muss es für einen guten Wagen sein. Ich nehme es mit Humor. Wie soll man das anders machen? Es ist halt Berufsrisiko." 

Unsere Quelle:

  • WDR-Reporter vor Ort