"Bergische IHK begrüßt Grundsteuer-Entscheidung und unterstützt den Beschluss des Wuppertaler Stadtrats". Viele Hausbesitzer werden sich über diese Pressemitteilung wundern - führt die Reform nicht aktuell überall zu höheren Grundsteuern?
Also der Reihe nach: Die Kommunen setzen im Moment die Reform der Grundsteuer um, die nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes notwendig geworden war. Der Grund: Die Daten und damit die Bewertung vieler Grundstücke waren veraltet. Wohngrundstücke waren dabei besonders häufig und besonders stark unterbewertet.
Einseitige Belastungsverschiebung
Bei der Umsetzung gilt das Ziel, die Gesamteinnahmen durch die Grundsteuer nicht zu erhöhen – die Kommunen sollen sich nicht an der Reform bereichern. Trotz Inflation und angespannter Haushalte. In Wuppertal beispielsweise bleiben die Einnahmen durch die Grundsteuer voraussichtlich bei etwa 80 Millionen Euro pro Jahr.
Dadurch führt die Umsetzung der Reform in einem ersten Schritt dazu, dass die Steuer für Wohnimmobilien tendenziell höher wird und die für Gewerbe tendenziell eher nicht. Diese "einseitige Belastungsverschiebung", wie Wuppertals Kämmerer Torsten Bunte es nennt, sollte eigentlich vermieden werden.
Kommunen wollen Rechtsunsicherheiten vermeiden
Dazu hat das Land NRW den Kommunen das Recht eingeräumt, für Wohn- und Gewerbeimmobilien unterschiedliche Hebesätze einzuführen. Das war bis dahin nicht möglich und könnte theoretisch helfen, die Verschiebung auszugleichen.
Theoretisch. Denn hier beginnen die Probleme. Anders als eine Einschätzung des Landes kam ein Rechtsgutachten des Deutschen Städtetages zu dem Schluss, dass diese Lösung möglicherweise gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen und damit verfassungswidrig sein könnte.
In jedem Fall geht der Städtetag davon aus, dass eine Regelung mit differenzierten Hebesätzen vor Gerichten landen und möglicherweise über Jahre verhandelt werden würde. Im schlimmsten Fall, so die Einschätzung, müssten nach einem Urteil auch rückwirkend alle Hebesätze einheitlich auf den niedrigeren Wert angepasst werden.
Erfolgreiche Klagen würden viele Millionen kosten
"Das würde uns pro Jahr zwölf Millionen Euro kosten", erklärt Wuppertals Kämmerer Bunte. Kosten, die sich die häufig überschuldeten Städte in NRW im Zweifel nicht leisten können, weil die Grundsteuer eine ihrer Haupt-Einnahmequellen ist. "Und das Land wäre von den Ausfällen ja nicht betroffen", führt Bunte aus.
Dazu kommen weitere Rechtsunsicherheiten. Wie zum Beispiel soll ein Gebäude besteuert werden, das im Erdgeschoss ein Geschäft oder einen Imbiss und in den oberen Stockwerken Wohnungen beherbergt? Davon gibt es in Wuppertal mehrere tausend. Laut Land müsste in jedem dieser Gebäude eine Teilungserklärung vorgenommen und alle Wohnungen zu Eigentumswohnungen umgewandelt werden - kaum realistisch.
Vorgehen der Städte geteilt
Aufgrund dieser Unsicherheiten hat der Städtetag am Ende die Beibehaltung einheitlicher Hebesätze empfohlen. Das hat nun auch ungefähr die Hälfte der Städte so umgesetzt, zum Beispiel Wuppertal, Solingen und Remscheid.
Andere Kommunen gehen in der Tat anders vor: Radevormwald, Hückeswagen, Bergisch Gladbach und Gevelsberg etwa differenzieren die Hebesätze für Wohnen und Gewerbe. Wipperfürth nutzt die Gelegenheit nun zusätzlich doch, um über eine Steigerung der Steuer den Haushalt aufzubessern.
Und Gummersbach konnte sich bis Februar auf gar keine neue Hebesatz-Satzung einigen, weil sich die Empfehlungen und rechtlichen Einschätzungen der verschiedenen Akteure immer wieder änderten.
Unternehmen atmen auf
Aber was ist nun mit der Wirtschaft? Wenn wie beschrieben die Gesamtsumme gleich bleibt, Wohnen aber teurer wird, entlastet das im Umkehrschluss logischerweise zwangsläufig das Gewerbe. Ein Effekt, den die Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten natürlich begrüßen, auch wenn viele Unternehmer selbst Hausbesitzer sind und dort die Erhöhung zu spüren bekommen.
Daher teilt die Bergische IHK mit, dass der Effekt umgekehrt bei gesplitteten Hebesätzen "zu einer überdurchschnittlich hohen Belastung von Geschäftsgrundstücken" führe. Es ist also wie so häufig: Es gibt in jedem Fall Gewinner und Verlierer, egal wie sich die Kommunen verhalten.
Kämmerer Torsten Bunte in Wuppertal zumindest lobt vor diesem Hintergrund, dass die Debatte um die Grundsteuer bislang aus seiner Sicht öffentlich sachlich und unaufgeregt geführt werde, auch politisch.
Unsere Quellen:
- Bergische IHK
- Beschlussvorlage Stadtrat Wuppertal
- Interview mit Torsten Bunte, Kämmerer Wuppertal
Über dieses Thema hat der WDR auch am 03.02.2025 im Hörfunk auf WDR2 berichtet.