"Fürs Tätowieren geboren" - Erste Hijabi-Tätowiererin Deutschlands

Stand: 27.04.2025, 15:33 Uhr

Amira Chehade aus Aachen arbeitet als Tätowiererin - und sie trägt ein muslimisches Kopftuch. Ihr Studio ist nur für Frauen.

Von Negisa Blumenstein

"Mein Daumen ist komplett weg", lacht Amira Chehade. Gerade eben hat sie sich von ihrer letzten Kundin verabschiedet. Vier Stunden lang hat sie an einem aufwändigen Rücken-Tattoo gearbeitet. Voll konzentriert und ganz vertieft arbeitete Amira an einer filigranen Lotusblume.

Kein Wunder also, dass ihr Daumen jetzt vom Bedienen der Tattoo-Maschine schmerzt. Das sei keine Seltenheit in ihrem Arbeitsalltag. "Aber ich glaube, daran werde ich mich noch irgendwann gewöhnen".

"Bei uns im Libanon ist das normal. Da gibt es viele Frauen, die tätowieren." Amira Chehade

Erst vor vier Monaten hat die 21-Jährige die Entscheidung getroffen, als Tattoo-Künstlerin zu arbeiten. Der Anreiz dazu kam aus der Familie: "Mein Vater hat gesagt: ‚Hey Amira, versuch doch mal, vielleicht gefällt dir Tätowieren.‘ Bei uns im Libanon ist das normal. Da gibt es viele Frauen, die tätowieren."

Amira Chehade ist in ihrem Tattostudio und hält eine Tätowiernadel in der Hand. | Bildquelle: WDR/ Negisa Blumenstein

Zunächst hatte Amira viele Ängste und Sorgen, diesen Schritt auch wirklich zu gehen. Ihr Bruder bietet ihr schließlich seine Unterstützung an und sie eröffnet ein eigenes Tattoo-Studio bei sich zu Hause in Alsdorf bei Aachen. Seit dem 16. Lebensjahr sei sie auf der Suche nach ihrer Berufung gewesen. Jetzt ist sie sicher: "Ich bin fürs Tätowieren geboren."

Sichtbarkeit auf Social Media

Mit routinierten Handgriffen wischt Amira über die Marmoroberflächen ihres Studios. Die Einrichtung ist in Schwarz-Weiß gehalten, Bilderrahmen und Schubladen setzen Akzente in Gold. Amiras Handy mit der goldenen Hülle passt ins Bild. Es spielt außerdem eine wichtige Rolle in ihrem Leben: 13.000 Menschen folgen ihr auf TikTok und ebenso viele versorgt die junge Frau auf Instagram regelmäßig mit Videos von ihrer Arbeit.

Online bezeichnet sich Amira als  "die erste Hijabi-Tätowiererin Deutschlands". In Kommentaren habe sie vereinzelt von anderen muslimischen Tätowiererinnen gelesen – sie ist aber die Erste, die sich damit sichtbar macht.

Tattoos nur für Frauen

Dabei muss sie mit Kritik umgehen, auch aus der islamischen Community: Tattoos seien im Islam verboten, heißt es etwa. Aus religiösen Gründen tätowiert Amira keine Männer. Zu ihren Kundinnen zählen viele andere Hijab-Trägerinnen. Diese würden sich bei ihr besonders sicher fühlen. Gerade von älteren Frauen erhalte Amira außerdem bewegende Nachrichten – sie hätten auch gerne den Mut gehabt, Tattoo-Artist zu werden.

Die häuslichen Räumlichkeiten seien nur eine vorübergehende Lösung, wie Amira Chehade betont. Ob sie bald schon ein größeres Studio eröffnet? Viel verrät sie noch nicht. Aber: "Es ist auf jeden Fall etwas ganz Großes geplant".

Quellen:

  • WDR-Reporterin vor Ort
  • Amira Chehade