ARCHIV - 04.10.2022, Sachsen-Anhalt, Leuna: Windkraftanlagen und Hochspannungsleitungen sind vor dem Abendhimmel bei Leuna zu sehen. (Zu dpa «50Hertz-Chef Kapferer sieht abnehmenden Widerstand gegen Windenergie»)

So wollen CDU und Grüne in NRW 1.400 Windräder blockieren

Stand: 30.01.2025, 15:01 Uhr

Die Landesregierung will wieder das Landesplanungsgesetz ändern, wieder um Windräder zu stoppen. Das ging im Herbst zuletzt schief.

Von Tobias ZacherTobias Zacher

Jetzt soll es ganz schnell gehen: Am Montag hatte der WDR berichtet, dass das Grünen-geführte Wirtschaftsministerium an einer "ergänzenden Landeslösung" arbeitet, um den Bau hunderter Windräder in NRW zu verhindern. Am Donnerstag soll nun eine entsprechende Änderung des Landesplanungsgesetzes vom Landtag beschlossen werden. Der Entwurf dazu liegt dem WDR vor.

Diese Maßnahme ergänzt eine Regelung, die am am Freitag im Bundestag verabschiedet werden soll. Die schwarz-grüne Landesregierung begrüßt dieses geplante Gesetz des Bundes zwar ausdrücklich - aus ihrer Sicht lässt es aber Lücken, die das Landesgesetz nun schließen soll.

Viele Anträge auf Windräder außerhalb der Vorranggebiete

Bundes- und Landesgesetz zusammen sollen dafür sorgen, dass mehr als 1.400 Windräder in den kommenden Jahren nicht gebaut werden dürfen. Zum Vergleich: Vergangenes Jahr gingen in NRW 154 Windräder neu ans Netz, insgesamt drehen sich hierzulande rund 3.700 der Turbinen.

Die schwarz-grüne Landesregierung betont immer wieder, dass sie für den Ausbau der Windenergie ist, hat sich in ihrem Koalitionsvertrag bis zum Ende der Legislaturperiode tausend neue Anlagen in NRW als Ziel gesetzt. Doch die sollen in Zukunft nur noch in ganz bestimmten Bereichen entstehen - in den so genannten Vorranggebieten.

Das Problem: Diese Flächen werden erst bis Ende des Jahres rechtswirksam ausgewiesen. Laut NRW-Wirtschaftsministerium gibt es aber Anträge für 1.427 Windräder außerhalb dieser zukünftigen Vorranggebiete (Stand Ende Dezember), viele davon mit realistischer Aussicht auf Zulassung. Die Genehmigung und den Bau dieser Anlagen sollen die beiden Gesetze von Bund und Land nun verhindern.

Für sechs Monate "allgemein untersagt"

In NRW wollen CDU und Grüne dafür noch einmal das Landesplanungsgesetz ändern. Das hatten sie bereits im Herbst getan - und damit zwei Niederlagen vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster kassiert, die die Änderungen weitgehend zunichte machten. Dass es derzeit mehr als 1.400 Anträge für Windräder außerhalb der Vorranggebiete gibt ist eine Folge der beiden Gerichtsentscheidungen.

Durch die nun geplante Änderung soll sechs Monate lang die Genehmigung aller Windräder "allgemein untersagt" werden, wenn ihr Standort außerhalb der zukünftigen Vorranggebiete liegt. Ausnahmen von diesem Verbot gelten lediglich für drei Szenarien: Für so genannte "Repowering"-Maßnahmen, bei denen alte Windräder am gleichen Standort durch neue ersetzt werden. Für vollständige Genehmigungsanträge, wenn sie älter als zehn Monate sind. Darüber hinaus können die Bezirksregierungen im Einzelfall Genehmigungen erteilen, wenn dadurch ausnahmsweise die Konzentration von Windrädern in den Vorranggebieten nicht gestört wird.

CDU: "Wildwuchs verhindern"

Mit dem Gesetz verhindere die Landesregierung "Wildwuchs an den Stellen, wo die Bürgerinnen und Bürger und die planungsverantwortlichen Stellen keine Windenergieanlagen haben möchten. So gelingt es, Akzeptanz zu erhalten und die Energiewende voranzubringen", kommentierte Christian Untrieser, der energiepolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag.

Für den grünen Koalitionspartner betonte Michael Röls-Leitmann die Bedeutung der künftigen Vorranggebiete. "Mit der Übergangssteuerung schaffen wir nun Sicherheit, dass diese neuen Regeln nicht umgangen werden, bevor die Pläne in Kraft treten", so der energiepolitische Sprecher der Fraktion.

SPD: Gegen "Windkraftmoratorium"

Die SPD ist gegen die neue Regelung und spricht von einem "Windkraftmoratorium". Es sei "erschreckend, mit welcher Vehemenz CDU und Grüne versuchen, alle möglichen Windenergieanlagen auszumerzen, die im Außenbereich noch erlaubt sein könnten", erklärte André Stinka für seine Fraktion.

Nina Scheer, die energiepolitische Sprecherin der SPD im Bundestag, sieht den dort erzielten Kompromiss in Gefahr: "Die Einigung, wie sie zwischen den Bundestagsfraktionen CDU/CSU, Bündnis 90/die Grünen und SPD gefunden wurde, wird unterwandert und in Frage gestellt, wenn die Landesregierung im Nachgang nun zusätzlich ein Moratorium für Windenergie verfolgt", teilte sie mit.

LEE: "Rechtlich dünnes Eis"

Der Landesverband Erneuerbare Energie (LEE NRW), der unter anderem Windrad-Unternehmen vertritt, kritisierte das geplante schwarz-grüne Gesetz scharf: "Damit verspielt die Landesregierung viel Vertrauen und begibt sich erneut auf rechtlich dünnes Eis", betonte der Vorsitzende Hans-Josef Vogel. "Die Landesregierung ist mit ihrem Vorhaben, einfach pauschal alles abzulehnen, was nicht Eingang in die bisherigen Regionalplanungsentwürfe gefunden hat, bereits zweimal krachend vor Gericht gescheitert. Jetzt versucht sie es ein drittes Mal und zieht dafür wieder die gleiche Begründung heran", so Vogel.

"Land und Forst" dagegen, BUND dafür

Auch die "Familienbetriebe Land und Forst NRW" lehnen das schwarz-grüne Vorhaben ab, es untergrabe das Vertrauen in die Verlässlichkeit von politischen Entscheidungen. "Wir haben Verständnis, dass die Flächenplanungen für Windenergie vor Ort gesteuert werden müssen. Flächeneigentümer und Investoren haben im Vertrauen auf die bisherigen gesetzlichen Rahmenbedingungen allerdings vielerorts bereits erhebliche vor allem finanzielle Vorleistungen erbracht. Diese Vertrauensbasis darf nicht zerstört werden", betonte der Vorsitzende Max von Elverfeldt. Sein Verband setzt sich für die Interessen der Land- und Forstwirtschaft ein.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) NRW wiederum begrüßte die Gesetzesinitiative, "da wegen der bisherigen Regelungslücke ansonsten kein Ausgleich der Nutzungsinteressen möglich sei. Insbesondere der Naturschutz drohe dadurch zum Verlierer zu werden", hieß es in einer Mitteilung.

Unsere Quellen:

  • Gesetzentwurf von CDU und Grünen
  • Zitat Christian Untrieser (CDU)
  • Zitat Michael Röls-Leitmann (Grüne)
  • Zitat André Stinka (SPD)
  • Zitat Nina Scheer (SPD)
  • Pressemitteilung BUND NRW
  • Pressemitteilung LEE NRW
  • Pressemitteilung Land und Forst NRW

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