Bundesverfassungsgericht

Junge Union NRW klagt für den Erhalt der Atomkraft

Stand: 13.12.2023, 08:33 Uhr

Mitglieder der Jungen Union aus NRW haben beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Beschwerde eingereicht. Sie richtet sich gegen die Energiepolitik der Bundesregierung und fordert ein Überdenken des Atomausstiegs.

Von Selina MarxSelina Marx

35 Seiten soll sie lang sein: Die Klage, die vier Juristen aus der Jungen Union NRW beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vergangenen Samstag eingereicht haben. Darunter auch der Landesvorsitzende der NRW-JU. Der Tenor: Die Bundesregierung hätte nicht an dem 2011 - unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) - beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie festhalten dürfen. Denn so ließen sich weder die deutschen Klimaziele noch das Pariser Klimaabkommen einhalten.

Deutsche Klimaziele

Deutschland hat in seinen Klimaschutzgesetzen festgeschrieben, die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu mindern und bis 2050 klimaneutral zu sein. Außerdem unterstützt Deutschland das Pariser Klimaabkommen, das festlegt, dass der weltweite Temperaturanstieg möglichst auf 1,5 Grad beschränkt werden muss.

Klimabeschluss von 2021 als Grundlage

Die jungen Juristen berufen sich in ihrer Klage auf den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts von März 2021. Damals hatten junge Menschen mit Unterstützung von Umweltorganisationen gegen die Klimapolitik der Bundesregierung geklagt und teilweise gewonnen. Das Gericht urteilte, dass die deutschen Klimaschutzgesetze keine ausreichende Regelung enthielten, die über 2030 hinausgingen. Deshalb sei der Druck, nach 2030 Treibhausgase zu reduzieren, so groß, dass zukünftige Generationen in ihren Freiheitsrechten massiv eingeschränkt würden.

Atomausstieg passt nicht zum 1,5 Grad-Ziel

Hier setzt die Argumentationslinie der NRW-JUler an, die dem WDR vorliegt. Wenn die Bundesregierung diese Freiheitsrechte schützen wolle, so der NRW-Landesvorsitzenden der JU, Kevin Gnoisdorz, dann hätte sie nicht aus der Atomkraft aussteigen dürfen: "Die Abschaltung der emissionsarmen, klimafreundlichen Kernkraftwerke sorgt für einen eklatanten CO2-Mehrausstoß. Die Ampel belastet damit unsere Gesundheit und sie schränkt die Handlungsmöglichkeiten unserer sowie nachfolgender Generationen ein."

Allein die Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke im April 2023 hätte schätzungsweise zu einen Mehrausstoß von 15 Millionen Tonnen CO2 geführt. Die Beschwerde richtet sich folglich explizit gegen das geänderte Atomgesetz mit dem Ausstieg aus der Kernkraft zum 15. April 2023.

JU NRW fordert wissenschaftliche Kommission

Ob die abgeschalteten Atommeiler konkret wieder ans Netz gehen sollen, bleibt in dem Papier allerdings offen. Stattdessen fordern die Jung-Politiker, dass die Bundesregierung eine wissenschaftliche Kommission einsetzen soll, die abwägt, ob die Risiken der Kernkraftwerke so groß sind, dass man dafür zwingend über die nächsten Jahre Millionen Tonnen CO2 auszustoßen müsse.

CDU für Atomstrom, Grüne dagegen

Die vier Mitglieder der JU vertreten damit deutlich die Linie ihrer Mutterpartei CDU. In deren neuem Grundsatzprogramm heißt es: "Dem Klimawandel begegnen wir technologieoffen (…) Wir achten darauf, dass Energie sicher, sauber und bezahlbar ist. Wir können zurzeit nicht auf die Option Kernkraft verzichten."

Das sorgt bei den Grünen in NRW für Irritation. "Die CDU im Bund sendet damit ein fatales Signal an die Menschen und an die Unternehmen in NRW und Deutschland. Kernkraft ist unsicher und unwirtschaftlich", sagt die NRW-Landesvorsitzende der Grünen, Yazgülü Zeybek. Sie kritisiert, das erneute "Hin-und-Her der CDU" als "völlig unverständlich". Die CDU hätte unter Merkel 2011 schließlich den Ausstieg mitbeschlossen.

Inwiefern die Klage die schwarz-grüne Zusammenarbeit in NRW belastet, wird sich zeigen. Jetzt muss die zuständige Kammer erstmal entscheiden, ob sie die Verfassungsbeschwerde annimmt. Die Verfasser hoffen darauf. Denn dann könne das Verfassungsgericht "mit einer konsequenten Fortführung seiner Rechtsprechung diesem klimapolitischen Irrweg ein Ende bereiten", sagt JU-Landesjustiziar Rafael Sarlak.