Umfrage: Viele Lehrkräfte in NRW "gefühlsmäßig am Ende"

Stand: 07.04.2025, 16:45 Uhr

Ausgelaugt, frustriert, müde: Viele Lehrkräfte sind mental erschöpft. Das ist das Ergebnis einer neuen Umfrage der Lehrergewerkschaft GEW in NRW. Was die Lehrkräfte konkret stört und überlastet.

Von Martin Teigeler

Lehrkräfte sind zufrieden mit ihrer Berufswahl, ächzen aber unter dem harten Schulalltag. Das ist das Ergebnis einer am Montag in Düsseldorf vorgestellten neuen Umfrage im Auftrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Was die Lehrkräfte laut GEW stört: "Überbordende Verwaltungsaufgaben, zu wenig Personal, zu große Klassen und ständig neue bildungspolitische Reformen ohne ausreichende Begleitung."

Lehrer "hochmotiviert", aber offenbar überlastet

Gut 6.000 Lehrerinnen, Lehrer und anderes pädagogisches Personal an Schulen nahmen an der freiwilligen Onlineumfrage "Frühjahrsreport 2025: Psychische Gesundheit an Schulen in Nordrhein­Westfalen" teil. Die Ergebnisse hätten einen "repräsentativen Wert", sagte der Erziehungswissenschaftler Christian Reintjes von der Universität Osnabrück. Die Umfrage wurde zum ersten Mal durchgeführt.

Ayla Çelik ist Landesvorsitzende der Lehrergewerkschaft Erziehung und Wissenschaft | Bildquelle: dpa / Oliver Berg

Die Vorsitzende der GEW in NRW, Ayla Çelik, betonte bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse, die Beschäftigten an den Schulen seien "hochmotiviert". Der Fehler liege im System, das die Lehrkräfte mit "herausfordernden" Schülern oft allein lasse, so Çelik. "Flächendeckend" müsse die Landesregierung mehr für "individuelle Förderung" tun. Und die Lehrkräfte müssten von Orga-Aufgaben wie Updates für Tabletcomputer oder die Buchung von Klassenfahrten entlastet werden.

"Am Ende des Schultags erledigt"

Auf einer Skala von 1 (nie) bis 7 (immer) liegt der Wert bei der Aussage "Am Ende des Schultags fühle ich mich erledigt" der Umfrage zufolge bei 5,5 unter den Lehrkräften. Bei der Aussage "Durch meine Arbeit bin ich gefühlsmäßig am Ende" bei 4,4. Bei den teilnehmenden Schulleiterinnen und Schulleitern sind diese Werte zur emotionalen Erschöpfung etwas weniger ausgeprägt (5,0 und 3,7). Ein weiteres Ergebnis: Lehrkräfte an Förderschulen sind "zufriedener und glücklicher" als Lehrkräfte an anderen Schulformen.

Bei der Aussage "Durch meine Arbeit fühle ich mich ausgelaugt" wird bei den Lehrkräfte auf der Skala bis 7 (ist "immer" der Fall) ein Wert von 4,8 erreicht (Schulleiter: 4,1). Bei "Ich glaube, ich arbeite zu hart" ist der Wert bei Lehrkräften 4,6, bei Schulleitern 4,7.

Zugleich heißt es im Fazit der Umfrage, die psychische Gesundheit der Lehrer und des pädagogischen Personals sei "besser als erwartet". Allerdings werden keine konkreten Angaben zu psychischen Erkrankungen oder Krankschreibungen gemacht. Das Gesundheitsverständnis der Studie gehe über die Abwesenheit von Krankheiten deutlich hinaus, heißt es. Es gehe um Wohlbefinden - und auch um Glück.

Als "belastend" empfinden die Lehrkräfte nach Angaben des Wissenschaftlers Reintjes unter anderem auch den schlechten baulichen Zustand vieler Schulen. Çelik forderte, von den im Bund geplanten Milliarden-Investitionen in die Infrastruktur müssten 130 Milliarden für den Bildungsbereich ausgegeben werden.

Opposition fordert mehr Lehrerstellen

Für die SPD-Bildungsexpertin im Landtag, Dilek Engin, zeigen die Ergebnisse der Umfrage, dass Lehrkräfte die "Helden unseres Bildungssystems“ sind. Von der schwarz-grünen Landesregierung forderte sie, Schulen in "herausfordernden Lagen" in NRW besser auszustatten - mit einer "Aufstockung von Stellen und Ressourcen".

Franziska Müller-Rech, schulpolitische Sprecherin der FDP im Landtag, sieht eine "dramatische Situation" an den Schulen. Sie forderte unter anderem "verbesserte Arbeitsbedingungen für mehr psychische Gesundheit" sowie die Ausweitung von Studien- und Referendariatsplätzen.

Schulministerin Dorothee Feller (CDU) erwiderte, die Landesregierung sei längst dabei, ein Handlungskonzept mit 34 Maßnahmen umzusetzen. "Heute sind über 7.400 Menschen mehr an unseren Schulen tätig als im Dezember 2022. Darauf bauen wir auf." Unter anderem würden Lehrkräfte entlastet durch mehr als 1.700 Alltagshelfer, weniger Klassenarbeiten und das Streichen aufwendiger Arbeitspläne an Grundschulen.

Viele Lehrkräfte sind mental erschöpft WDR Studios NRW 07.04.2025 00:56 Min. Verfügbar bis 07.04.2027 WDR Online

Unsere Quellen:

  • Çelik und Reintjens bei GEW-Pressekonferenz in Düsseldorf
  • Reaktionen von SPD und FDP laut Mitteilungen
  • Schulministerin Feller laut dpa