Grüne Ministerin Paul: Bezahlkarte für Geflüchtete jetzt auch in NRW
Stand: 07.01.2025, 16:10 Uhr
Nun ist sie da: die Bezahlkarte für Geflüchtete. Die "SocialCard" geht zunächst in fünf Landeseinrichtungen an den Start, wie die grüne Flucht- und Integrationsministerin Paul mitteilte. Politisch war und ist die Karte umstritten.
Von Martin Teigeler
An diesem Dienstag erhalten die ersten Geflüchteten in Nordrhein-Westfalen die Bezahlkarte. Die sogenannte SocialCard geht zunächst in fünf Landeseinrichtungen (je eine pro Regierungsbezirk) an den Start. Danach soll die Bezahlkarte binnen drei Monaten über das Landessystem in den weiteren derzeit 50 Einrichtungen eingeführt werden.
Ab dem zweiten Quartal soll die Bezahlkarte dann auch in Städten und Gemeinden zum Einsatz kommen. Kommunen können aber mit einer "Opt-Out-Regel" entscheiden, dass sie auf die Karte verzichten. Sie können dann weiter Geld- und Sachleistungen oder Wertgutscheine ausgeben.
Länder setzen auf Visa
Die Bezahlkarte ist den Angaben zufolge eine guthabenbasierte Debitkarte. Sie gibt es auch als Smartphone-App. Kartenanbieter ist Visa. Eingesetzt werden kann sie deutschlandweit im stationären Einzelhandel und im Onlinehandel - überall dort, wo Visa akzeptiert wird. Bis zu einem maximal verfügbaren Betrag von 50 Euro pro Monat, der gleichermaßen für Kinder und Erwachsene gilt, kann auch Bargeld abgehoben werden.
"Für mich ist wichtig, dass gerade Familien auch weiterhin Bargeld zur Verfügung haben, um beispielsweise Kinderkleidung auf Flohmärkten günstiger kaufen zu können, wo eine Kartenzahlung in der Regel nicht möglich ist", sagte Fluchtministerin Josefine Paul (Grüne) am Dienstag.
Nicht eingesetzt werden kann die Karte laut Ministerium im Ausland, für Geldtransfers in das Ausland, sexuelle Dienstleistungen und Glücksspiel. Einführung und Betrieb der Bezahlkarte kosten rund zwölf Millionen Euro. NRW führt die Karte gemeinsam mit 13 anderen Bundesländern ein. An der Höhe der Sozialleistung als solche ändert sich laut Land nichts.
Kritik an der Bezahlkarte wird seit Monaten unter anderem von Hilfsorganisationen geäußert. Die Länder hätten die Bezahlkarte "ziemlich unverblümt als Diskriminierungsinstrument zur Abschreckung von Geflüchteten konzipiert", teilte Pro Asyl bereits im letzten Jahr mit. Befürworter der Karte argumentieren, mit ihr würden Verwaltungen durch das Wegfallen der Bargeldausgabe entlastet und Zahlungen an Schleuser oder Angehörige im Ausland könnten verhindert werden.
Grüne Skeptiker, rote Kritikerin
Auch in den Reihen der schwarz-grünen Koalition gibt es Skeptiker. So schrieb der Grünen-Landtagsabgeordnete Stefan Engstfeld Ende 2024 in einer persönlichen Erklärung zur Abstimmung, "dass eine Bezahlkarte geflüchtete Menschen stigmatisiert" und "sie in ihrer Lebensführung bevormundet". Gleichwohl stimmte der Abgeordnete dem Gesetz zu.
Die Grünen hatten sich lange gegen eine Bezahlkarte für Asylbewerber gesperrt. Auch NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) galt zunächst nicht als Fan des neuen Instruments: Die Menschen kämen in Not nach NRW und Deutschland und "nicht aus Jux und Tollerei", so Laumann im Oktober 2023. Damals hieß es noch, NRW plane keine Bezahlkarten für Flüchtlinge. Erst später positionierte sich die CDU in der Koalition pro Bezahlkarte - die Grünen stimmten schließlich zu.
Auffällig ist, dass das Paul-Ministerium in der Mitteilung zum Start der Bezahlkarte kaum begründet, warum die Karte überhaupt eingeführt wird. Es heißt lediglich, dass man damit einen Beschluss der Ministerpräsidentkonferenz umsetze.
Kritik kommt von der Opposition im Landtag. SPD-Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat bezeichnete das NRW-Modell für die Karte als "Flickenteppich". Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) habe die Bezahlkarte als "Allheilmittel seiner Migrationspolitik" betrachtet. Doch nun schiebe Schwarz-Grün mit der "Opt-Out-regel" die Verantwortung auf die Kommunen ab.
Unsere Quellen:
- Mitteilung der Landesregierung
- Material der Nachrichtenagenturen epd und KNA
- eigene Recherchen
- SPD laut Mitteilung