Gesperrte Lennebrücke: Schwimmender Ersatz für Fußgänger freigegeben

Stand: 29.01.2024, 22:12 Uhr

Die für den Verkehr im Märkischen Kreis wichtige Lennebrücke wird wohl zwei bis drei Wochen gesperrt sein. Mittlerweile gibt es zumindest eine behelfsmäßige Brücke für Fußgänger.

Die Hiobsbotschaft kam am Freitag: Die Brücke, die in Nachrodt über die Lenne führt, wird für voraussichtlich mindestens zwei Wochen für den Verkehr gesperrt bleiben. Vor allem für die Menschen, die im Südosten des Märkischen Sauerlands leben, wird dadurch die Verbindung über die B236 zu den Autobahnen 45 und 46 im Norden abgeschnitten.

Lennebrücke ist zentrales Nadelöhr

Hier ist die Verbindung über die Lenne unterbrochen | Bildquelle: Verkehr.NRW

Aber auch für die ohnehin schon gebeutelten Einwohner von Nachrodt-Wiblingwerde ist die Nachricht ein Desaster. Seitdem die A45 bei Lüdenscheid gesperrt ist, wird ein Teil des Autobahnverkehrs über die B236 umgeleitet - mitten durch den kleinen Ort im Sauerland, südlich von Iserlohn. Zentrales Nadelöhr ist dabei die Brücke über das Flüsschen Lenne. Diese Brücke verbindet auch die beiden Ortsteile Nachrodt und Wiblingswerde. Jeden Tag rollten bislang zehntausende Fahrzeuge über das alte Bauwerk. Sie müssen jetzt eine etwa 30 Kilometer lange Umleitung nehmen.

Provisorische Pontonbrücke für Fußgänger | Bildquelle: WDR / Isabell Zillmer

Seit Montag können zumindest Fußgänger die Lenne in Nachrodt wieder trockenen Fußes überqueren. Das Technische Hilfswerk (THW) hat am Wochenende eine Pontonbrücke errichtet. Vor allem für viele Schulkinder ist das eine gute Nachricht. Sie sparen sich so einen gut 30 Kilometer langen Umweg, den sie sonst in Kauf hätten nehmen müssen.

30 Kilometer Umweg

Für alle Auto- und Fernfahrer ist das jedoch für die kommenden Wochen Realität. Denn statt einfach die Lenne zu überqueren, müssen sie nun entweder die von Straßen.NRW ausgeschilderte Umleitung im Osten nutzen oder sich über die Landstraßen im Westen bis zur A45 durch kämpfen.

Grafik zur gesperrten Lennebrücke | Bildquelle: www.strassen.nrw.de

Straßen.NRW hat diese Umleitung für den Verkehr in beiden Fahrtrichtungen eingerichtet:

Der Durchgangsverkehr muss Nachrodt weiträumig umfahren: In Altena geht es über die umgenutzte Bahnbrücke Richtung Iserlohn über die L698 (Fritz-Berg-Brücke/Bachstraße/Nettestraße/Westiger Str.), die L683 (Ihmerterstr.), die L888 (Westendorferstraße), dann über die L648 (Kesberner Str./In der Läger/Obere Mühle), über "An der Schlacht" und den Kurt-Schumacher-Ring zur L743 (Hans-Böckler-Str.), die L648 (Dortmunder Str.), die K17 (Hellweg/Im Hütten), die L743 (Untergrüner Str.) bis zur B236. Umgekehrt genauso, dazu biegen Autofahrer in Iserlohn von der B236 auf die L743 (Untergrüner Straße) ab.

Verkehrsminister in Nachrodt-Wiblingwerde

Die Sperrung trifft nicht nur die Anwohner, sondern auch Industrie und Unternehmen. Michael Schlieck hat eine Spedition in Altena und merkt, dass der Märkische Kreis mittlerweile einen Imageschaden hat.

"Es ist äußerst schwierig, vernünftige Speditionen und Unternehmer überhaupt noch hierhin zu kriegen. Wenn die die Postleitzahl 58 lesen, dann machen die schon einen großen Bogen. Jetzt kommt das noch hinzu. Für die Unternehmen ist das die absolute Katastrophe." Spediteur Michael Schlieck
Verkehrsminister Krischer besichtigt die Lennebrücke | Bildquelle: WDR / Isabell Zillmer

Am Sonntagmittag kam NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) nach Nachrodt, um sich ein Bild zu machen und mit Vertretern der Kommune, des Kreises und von Straßen.NRW zu sprechen. "Die Brücke hat einen Hochwasserschaden, der beim Weihnachtshochwasser entstanden ist", sagte Krischer. Unter dem Brückenpfeiler sei das Fundament weggespült worden.

Mit der Behebung des Schadens solle so schnell wie möglich begonnen werden. Zurzeit habe die Lenne allerdings infolge der Schneeschmelze noch einen zu hohen Wasserstand. Eine Notinstandsetzung soll jetzt laut Straßen.NRW "kurzfristig in Abhängigkeit vom Wasserstand und der Temperatur der Lenne" erfolgen. Nach Aussage eines Sprechers soll die Sperrung dementsprechend zwei bis drei Wochen dauern.

Brücke gilt seit Jahrzehnten als marode

Dabei ist die Problematik schon lange bekannt: Bereits vor sieben Jahren hatte der WDR über den maroden Zustand der Lennebrücke berichtet. Schon damals galt das Bauwerk über der Lenne als extrem marode. Im April 2017 war die Brücke schon einmal für Tage gesperrt - die Fahrbahn bekam behelfsmäßig eine neue Asphaltschicht.

Damals fuhren bereits rund 13.000 Fahrzeuge pro Tag über die alte Gewölbebrücke, die die einzige Verbindung über die Lenne in der Region ist. Der Landesbetrieb Straßen.NRW veröffentlichte damals Pläne für die Sanierung. Doch die Gemeinde Nachrodt-Wiblingwerde wurde immer wieder vertröstet. Zu kompliziert, zu aufwendig sei eine Grundsanierung. Und schon damals galt die Brücke bereits seit 20 Jahren als sanierungsbedürftig.

Oliver Krischer möchte den Naubau unterstützen 00:42 Min. Verfügbar bis 28.01.2026

"Da ist man sehenden Augen ins Unglück gerannt. Wir haben immer wieder gesagt, dass diese Brücke marode ist, dass da was gemacht werden muss. Wir haben immer wieder gedrängt. Natürlich wurde die Brücke rastermäßig untersucht. Nichtsdestotrotz hatten wir immer die Befürchtung, dass diese Situation eintreten wird." Birgit Tupat, Bürgermeisterin Nachrodt-Wiblingwerde

Krischer hofft auf baldigen Neubau

Auf WDR-Nachfrage hatte Straßen.NRW im Mai 2018 eine lange Liste von geplanten Sanierungsprojekten an Brücken in NRW geliefert - die Lennebrücke in Nachrodt war gar nicht dabei. Mittlerweile ist laut Straßen.NRW offenbar ein Neubau an anderer Stelle geplant. Die könnte schon längst in Betrieb sein, sagte der Minister - wenn nicht "leider ein sehr aufwändiges Planfeststellungsverfahren" nötig sei. Grund dafür sei, dass es "vor Ort Kritik an dem Projekt gibt und auch unterschiedliche Auffassungen, wie das gebaut werden soll", so Krischer.

Das Planfeststellungsverfahren stehe jetzt allerdings kurz vor dem Abschluss: "Wir hoffen, dass wir noch in diesem Jahr Baurecht kriegen. Ich hoffe nicht - auch nach dem Ereignis jetzt - dass noch irgendjemand dagegen klagt."

Die SPD im Landtag hatte dem Verkehrsminister Mitte Januar ein "Brückendesaster" vorgeworfen. Minister Krischer habe "offenkundig keinen Plan zur Lösung der Brücken-Misere und hangelt sich von einer Notlage zur nächsten", sagte Gordan Dudas, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW.

Baustellen ohne Ende: Droht der Verkehrskollaps? WDR 5 Westblick - aktuell 22.01.2024 11:32 Min. Verfügbar bis 21.01.2025 WDR 5

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Unsere Quellen:

  • Straßen.NRW
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Eigene Recherchen

Über dieses Thema berichten wir am 28.01.2024 auch im WDR-Fernsehen.