Weniger Geburten: Bedarf an Kita-Plätzen in NRW sinkt leicht

Stand: 20.03.2025, 12:00 Uhr

In NRW werden für das kommende Kita-Jahr rund 760.000 Betreuungsplätze benötigt - etwa 5.000 weniger als im aktuellen Kita-Jahr. Die Landesregierung schraubt die Planungen zurück.

Die verzweifelte Suche nach einem Kindergartenplatz gehört für viele junge Eltern nach wie vor zu den ersten Herausforderungen nach der Geburt ihres Kindes. Die Nachricht, die das NRW-Familienministerium am Mittwoch veröffentlicht, klingt daher im ersten Moment nach Erleichterung: 760.000 Betreuungsplätze werden im kommenden Jahr benötigt - etwa 5.000 weniger als im aktuellen Kita-Jahr.

Die Zahlen hatten die Jugendämter erhoben, damit die Kommunen sich bei der Planung darauf einstellen können. Tatsächlich geht aus einem Bericht der Landesregierung von Donnerstag hervor, dass die Jugendämter für 2025/26 nur noch 216.162 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren beantragt haben. Auch bei den Kindern über drei Jahren wurde die Planung zurückgeschraubt: Hier haben die Jugendämter 542.856 Betreuungsplätze beantragt – 218 weniger als im Vorjahr.

Familienministerin Josefine Paul (Grüne) schreibt in dem Bericht an den Landtag aber auch: "Anhand der vorliegenden Antragszahlen sind jedoch keine Aussagen zu einer eventuellen Bedarfsdeckung möglich."

Geburtenzahlen gehen zurück

Dass der Bedarf jetzt leicht zurückgegangen ist, liegt laut Ministerium an gesunkenen Geburtenzahlen. Zunächst seien deshalb auch nur die Plätze für Kinder unter 3 Jahren weniger gefragt. Bei älteren Kindern sei der Bedarf weitgehend gleich geblieben.

Das Familienministerium geht davon aus, dass die Zahl der benötigten Betreuungsplätze in den kommenden Jahren schneller zurückgehen wird als bisher gedacht. In dem Bericht wird eine Untersuchung des Forschungsverbunds Deutsche Jugendinstitut zitiert, wonach die aktuelle Betreuungslücke in den westdeutschen Bundesländer im U3-Bereich zwischen den Kitajahren 2022/23 und 2025/26 um rund ein Drittel kleiner wird.

Für den Ü3-Bereich prognostizieren die Forscher sogar, dass es im Jahr 2028/29 bereits einen Überhang von über 60.000 Plätzen geben wird.

Familienministerium erwartet mehr Rückgang als die Forscher

Hofft auf Entlastung: NRW-Familienministerin Josefine Paul | Bildquelle: WDR/dpa

Ministerin Paul schließt daraus: "Ohne, dass jetzt schon konkrete Zahlen für NRW genannt werden können", deute sich an, dass sich hierzulande bereits eher, als die Forscher annehmen, der Mangel an Plätzen und Kitapersonal "minimiert oder sogar in einen Überhang wandeln wird". Das sei aus Meldungen zu schließen "insbesondere aus ländlichen Kommunen, die bereits jetzt teilweise über nicht belegte Plätze berichten". Die Entwicklung - das räumt Paul immerhin ein - werde aber regional sehr unzterschiedlich sein.

Auf WDR-Anfrage erklärte das Ministerium am Mittwoch:

"Klar ist, dass wir weiter das System ausbauen müssen – und auch weiter in den Platzausbau investieren und hier auch nicht nachlassen dürfen." Sprecher des NRW-Familienministeriums

Auch, wenn die Anmeldungen in diesem Jahr nicht so hoch seien wie in den Vorjahren, dürfe das "den Blick darauf nicht verstellen, dass wir weiterhin ein Mehr an Betreuungskapazitäten brauchen".

SPD: Vereinbarkeit von Familie und Beruf in weiter Ferne

Mitte vergangenen Jahres lag die Zahl der fehlenden Kitaplätze bei über 100.000, und - perspektivisch - bei mehr als 20.000 Erzieherinnen und Erziehern. Für die SPD-Landtagsfraktion ist der jetzt angekündigte Rückbau der Kita-Planung eine "denkbar schlechte Nachricht": Alle Studien zeigten, dass der Bedarf größer sei als das Angebot, sagte der familienpolitischer Sprecher Dennis Maelzer.

"Zum ersten Mal seit Bestehen des U3-Rechtsanspruches gehen in NRW die Zahlen der Betreuungsplätze zurück. Das ist ein familienpolitischer Offenbarungseid für Schwarz-Grün." Offenbar herrsche "in dem ganzen System so viel Verunsicherung, dass sich niemand mehr über den Status quo hinaustraut". Das bedeutet nicht nur Stillstand, auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf rücke in NRW "in immer weitere Ferne".

FDP: Paul wartet demografischen Wandel ab

Ministerin Paul warte lieber ab, als zu handeln, kritisiert die FDP-Landtagsfraktion: "Statt konkrete Lösungen zu liefern, setzt Ministerin Josefine Paul auf den demografischen Wandel und Verhandlungen in Berlin. Die Leidtragenden sind Eltern, Unternehmen und Kita-Träger", sagte der familienpolitische Sprecher Marcel Hafke.

In NRW werden weniger Kita-Plätze benötigt WDR Studios NRW 20.03.2025 00:51 Min. Verfügbar bis 20.03.2027 WDR Online

Ministerin im Mai 2024: Kita-Ausbau hat Vorrang

In ihrem "Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme 2024" hatte die Bertelsmann-Stiftung zuletzt 90 Prozent der Drei- bis unter Sechsjährigen Kinder einen Kitaplatz. Bei den unter Dreijährigen waren es nur 31 Prozent. Im bundesweiten Vergleich zählte das, so die Stiftung, zu den niedrigsten Quoten.

Im Mai vergangenen Jahres hatte Kinder- und Jugendministerin Josefine Paul (Grüne) erklärt, der Ausbau der Kitaplätze habe "für die Landesregierung eine sehr hohe Priorität, auch in Zeiten, in denen die öffentlichen Haushalte unter Druck stehen". Zuvor hatten die Kommunen allerdings kritisiert, dass keine Förderanträge mehr bewilligt würden.

Unsere Quellen:

  • NRW-Familienministerium
  • Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme 2024 Profile der Bundesländer, Bertelsmann-Stiftung
  • Statement der SPD-Landtagsfraktion
  • Statement der FDP-Landtagsfraktion