Nach Havertz-Fehlschuss: Hassnachrichten gegen seine Frau

Aktuelle Stunde 13.01.2025 38:45 Min. UT Verfügbar bis 13.01.2027 WDR Von Carsten Upadek

Kai Havertz verschießt Elfmeter: Hass gegen Ehefrau Sophia

Stand: 13.01.2025, 18:41 Uhr

Nach einem verschossenen Elfmeter von Kai Havertz wird seine schwangere Frau Sophia im Internet beleidigt und bedroht. HateAid-Mitbegründerin Anna-Lena von Hodenberg kennt viele solcher Fälle. Vor allem Frauen seien betroffen. Gegen solchen Hass sollte man sich wehren, sagt sie und appelliert an die Fußballclubs, Social-Media-Plattformen und die EU-Kommission.

Von Jörn Seidel und Carsten Upadek

Der gebürtige Aachener und frühere Leverkusen-Spieler Kai Havertz ist in einem Pokalkrimi mit dem FC Arsenal zur tragischen Figur geworden. Der deutsche Nationalspieler verschoss am Sonntag gegen Titelverteidiger Manchester United als einziger Schütze im Elfmeterschießen. Sein Club flog aus dem Wettbewerb und auf Havertz entlud sich der Frust vieler Fans. Aber nicht nur das: Auch seine schwangere Frau Sophia Havertz erhält Hassnachrichten und Drohungen.

"Ich hoffe, du hast eine Fehlgeburt." Ein Instagram-User,
zitiert von Sophia Havertz

Eine Fehlgeburt wünschte ihr jemand in einer privaten Nachricht bei Instagram. Sophia Havertz veröffentlichte einen Screenshot davon in einer Insta-Story. Laut eines anderen Screenshots schickte ihr ein User sogar eine Morddrohung: "Ich werde zu deinem Haus kommen und dein Baby schlachten. Ich scherze nicht, warte nur."

Sophia Havertz zeigte sich schockiert. "Ich hoffe, ihr schämt euch wirklich für euch", schrieb sie bei Instagram und forderte mehr Respekt.

Digitale Gewalt gegen Fußballer-Frauen "keine Einzelfälle"

Anna-Lena von Hodenberg, HateAid

Anna-Lena von Hodenberg, HateAid-Geschäftsführerin

Beleidigungen und Bedrohungen wie diese seien "keine Einzelfälle", sagt Anna-Lena von Hodenberg. Sie ist Mitbegründerin von HateAid, einer gemeinnützigen Organisation, die sich für Menschenrechte im digitalen Raum einsetzt. "Das sehen wir in unserer Beratung sehr oft - und auch bei Frauen von Fußballern."

Warum aber richtet sich der Hass gegen Havertz' Frau und nicht ausschließlich gegen den Fußballer selbst? "Das ist ein ganz häufiges Phänomen, dass wenn der Mann etwas macht, dann eben die Familie bedroht wird", sagt von Hodenberg.

"Frauen sind leider immer ein beliebteres Opfer, eine beliebtere Zielscheibe als Männer es sind." Anna-Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin HateAid

"Weil man eben davon ausgeht, dass sie ein weicheres Ziel sind", erklärt von Hodenberg, "weil sie für die Familie stehen, weil sie für die Kinder stehen, weil sie für den ganz privaten Bereich stehen." Frauenhass ist ein weitverbreitetes Problem. Dabei spiele es keine Rolle, ob sie Forscherin, Bundeskanzlerin oder Influencerinnen seien, so Vertreterinnen der Hilfsorganisation HateAid.

Digitaler Hass noch traumatisierender als analoger

Ist doch nur eine Chat-Nachricht bei Instagram, mag da mancher denken. In anderen Fällen ist es ein Kommentar bei Facebook, TikTok oder X. Alles digital also - und somit nicht so schlimm?

"Das ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass digitale Gewalt überhaupt nicht so eingreifend ist wie analoge", sagt von Hodenberg. Das Gegenteil sei der Fall, meint sie und nennt dafür diese Gründe:

  • Digitale Gewalt trifft einen, sobald man auf sein Smartphone schaut, also im ganz privaten Bereich.
  • Digitale Gewalt kann einen permanent treffen, also rund um die Uhr - dabei kann eine Hassnachricht auf die andere folgen.
  • Vor digitaler Gewalt kann man nicht weglaufen.
  • Digitale Gewalt trifft einen häufig in der Öffentlichkeit, nicht nur in privaten Nachrichten. Also kann jeder diese Gewalt miterleben, auch Familienmitglieder, Freunde, Bekannte und Kollegen.

Deswegen sei digitale Gewalt für Betroffene oft noch "noch gravierender" und "traumatisierender" als analoge, wo es oft bei einzelnen Situationen bleibe, die aus denen man verschwinden könne, sagt von Hodenberg.

Forderung: Fußballclubs sollten betroffene Spielerfrauen juristisch unterstützen

Auf jeden Fall sollte man digitale Gewalt nicht einfach hinnehmen und stehen lassen, meint von Hodenberg. Denn das legitimiere sie und lade zu weiterer ein. Stattdessen rät sie:

  • Rechtssicheren Screenshot machen.
  • Bei der Polizei eine Anzeige stellen.
  • Vorfall der jeweiligen Plattform melden.

Fußballclubs sollten betroffenen Spieler-Frauen juristisch zur Seite stehen, fordert sie. Und: Plattformen sollten konsequent gegen Hass im Netz vorgehen. Tun sie das nicht, sei auch die EU-Kommission gefordert: Sie müsse dafür sorgen, dass das Digitale-Dienste-Gesetz strikt umgesetzt wird.

Zuckerberg: Keine Faktenchecks mehr bei Facebook

Das Gesetz verpflichtet die Betreiber von Plattformen, gegen rechtswidrige Inhalte vorzugehen. Wie umfangreich die Plattformen das in Zukunft noch gewährleisten, bleibt abzuwarten. Gerade erst hat Meta-Chef Mark Zuckerberg angekündigt, dass es bei Facebook keine Faktencheck mehr geben soll.

Bei der Plattform X von Elon Musk werden jetzt schon viele Falschinformationen nicht gelöscht. Die EU-Kommission ermittelt.

Unsere Quellen:

  • Nachrichtenagenturen dpa, SID
  • Instagram-Account von Sophia Havertz
  • WDR-Interview mit Anna-Lena von Hodenberg, HaitAid-Mitbegründerin und -Co-Geschäftsführerin
  • Bundesjustizministerium: Digitale-Dienste-Gesetz

Über dieses Thema berichten wir am 13.01.2025 auch im WDR-Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.