Bob Dylan Konzert in Düsseldorf mit Handyverbot 01:26 Min. Verfügbar bis 27.10.2026

Konzerte ohne Handys? Viele Stars sind genervt vom Dauerfilmen

Stand: 27.10.2024, 17:57 Uhr

Künstler auf Bühnen schauen bei ihren Live-Auftritten oft nur noch in ein Meer von Handys statt in die Gesichter ihrer Fans. Und die wiederum schauen dauernd auf ihre oder auf die Displays der Menschen vor ihnen - anstatt direkt auf die Künstler. Muss das sein? Einige Künstler ziehen jetzt öfter mal die Reißleine.

Von Katja Goebel

Musikerlegende Bob Dylan ist gerade auf Europatour, mit vielen Konzerten in Deutschland. Am Sonntagabend tritt er in Düsseldorf auf die Bühne. Es könnten die letzten Konzerte des 83-Jährigen in Deutschland sein, befürchten Fans und hoffen gleichzeitig auf einen unvergesslichen Abend.

Diesen einmaligen Moment könnte man ja einfach mit dem Handy mitfilmen - ein Konzertmitschnitt für die Hosentasche quasi, zum stolzen Herumzeigen und fürs stille Aufbewahren. Aber daraus wird nichts. Bei den Dylan-Konzerten herrscht striktes Handyverbot. Und das ist verdammt ernst gemeint.

Jeder mit Handy fliegt raus

Wer sein Ticket beim Dienstleister Eventim kaufen will, liest zuerst diesen Hinweis des Veranstalters: "Auf Wunsch des Künstlers handelt es sich um eine "No Cell Phones Allowed Show“. Somit sind während der gesamten Veranstaltung keine Handys erlaubt!" Und wer da immer noch nicht an den Ernst der Lage glaubt, liest zwei Zeilen später das: "Jeder, der mit einem Handy in der Halle erwischt wird, wird sofort aus der Halle verwiesen."

Konzerte: Nicht ohne mein Handy? WDR 5 Scala - aktuelle Kultur 01.08.2024 04:43 Min. Verfügbar bis 01.08.2025 WDR 5

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Handytasche mit Magnetschloss

Wie das gehen soll? Wer doch ein Telefon bei sich hat, muss es in eine spezielle Tasche stecken, die verriegelt wird und sich nur in bestimmten Bereichen außerhalb des Konzertsaals wieder öffnen lässt. Ein amerikanisches Unternehmen hat die Taschen mit dem Magnetschloss erfunden, das nur an speziellen Entriegelungsstationen geöffnet werden kann.

Handy verschindet in einer verschließbaren Tasche | Bildquelle: picture alliance/KEYSTONE/LAURENT GILLIERON

Das strikte Handyverbot ist nicht neu, ebenso wenig wie die verschließbaren Täschchen und die "Unlock-Stationen". Denn: Nicht nur Dylan ist genervt von der Handyflut im Konzertsaal, von all den gezückten Mobiltelefonen, die jede Szene auf der Bühne festhalten sollen. Immer häufiger beklagen auch andere Künstler, dass die vielen Smartphones ihre Konzerte stören können und bitten Fans freiwillig auf das Filmen und Fotografieren während der Shows zu verzichten.

Genervt von Dauerfilmern: Adele, Pink und Coldplay

Auch Sängerinnen wie Alicia Keys, Adele oder Pink sind seit Jahren genervt von der Filmerei. Die US-amerikanische Musikerin Alicia Keys ließ vor Jahren ebenfalls schon Handys während ihrer Konzerte verbieten. Superstar Adele knöpfte sich auf einem Konzert in Italien sogar einen weiblichen Fan von der Bühne aus vor und forderte die Frau auf, mit dem Filmen aufzuhören - unter dem Beifall anderer Fans.

"Please stop filming me, because I'm really here in real life" Sängerin Adele bei einem Konzert zu einem Fan im Publikum

Bei einem Konzert in München bat Coldplay-Sänger Chris Martin seine Fans inständig wenigstens für einen Song das Smartphone in der Tasche zu lassen: "No cell phones, no cameras, keine Handy, no electronics - just us", rief er in die Menge, um den Mega-Hit "A Sky Full of Stars" anzustimmen.

"Es war dann ohne Handy der beste Song des Konzerts!", kommentierte danach ein User unter einem TikTok Video von dem Aufruf. Und ein anderer schreibt: "Da steckt viel Wahrheit dahinter. Du gehst in ein Konzert und siehst das ganze Konzert auf deinem kleinen Handy."

Festival verbietet Fotos auf der Tanzfläche

Auf viel Verständnis im Publikum trafen Veranstalter in der Vergangenheit auch schon auf Festivals, wenn sie Film- und Fotoverbote aussprachen - wie beim Fusion Festival. Auf Hinweisschilder wurden Besucher gebeten, das Handy auf der Tanzfläche einfach mal nicht zu zücken. Denn das Wissen, nicht gefilmt zu werden, verändert auch das eigene Gefühl.

"Lande ich vielleicht auf Youtube oder Instagram und will ich das?" Festivalbesucher Julian

"Ich hab mich gar nicht mehr gefragt, wie sehen meine Bewegungen aus", erzählt Festivalbesucher Julian. Am Ende freute er sich darüber, sich beim Tanzen auf dem Festival einmal völlig gelöst bewegen zu können.

Und auch die Veranstalter haben dazu eine klare Haltung. Auf der Internetseite heißt es in einem Hinweis: "Das Hochladen von Fotos und Videos mit erkennbaren Fusionist:innen, die keine Einwilligung dazu gegeben haben, ist ein eindeutiges No-Go!"

Viele Arme und leuchtende Displays

Hier leuchten vor allem die Handy-Displays: Konzertpublikum | Bildquelle: picture alliance/Bildagentur-online/Blend Images

Doch zurück zu den Konzerten: Wenn das Filmen mit dem Handy nicht verboten ist, bleibt es natürlich jedem selbst überlassen, ob er sich dem fast schon automatisierten Ritual der Menge hingibt oder das Konzert einfach nur mit den eigenen Augen und Ohren genießt. Aber: Gezückte Handy stören im Zweifel nicht nur die Künstler auf der Bühne. Die dauernd hochgereckten Arme versperren die Sicht und das helle Geflacker tausender Handydisplays könnten auch andere Konzertbesucher einfach nerven.

Sänger Henning May: "Kein schönes Gefühl"

Handykult im Lied verarbeitet: Sänger Henning May | Bildquelle: picture alliance

Die Kölner Band AnnenMayKantereit hat das Phänomen der ständig Filmenden längst in einem Liedtext thematisiert. Sänger Henning May singt dem Publikum einfach entgegen, wie es sich da oben anfühlt: "Es ist kein schönes Gefühl, bei 'nem Liebeslied die ganze Zeit mit einem Handy gefilmt zu werden." Und er schiebt noch eine andere Erkenntnis hinterher:

"Den Scheiß guckst du dir eh nie wieder an". Liedzeile aus "Du bist überall" der Band AnnenMayKantereit

Unsere Quellen:

  • WDR-Interview
  • Ticketagentur eventim
  • TikTok Video von SWR3
  • Fusion (Festival)

Über dieses Thema berichten wir am 27.10.2024 auch im Fernsehen, in der Aktuellen Stunde ab 18.45 Uhr.