Jüd:innen in Deutschland – In Angst
Aktuelle Stunde. 13.10.2023. 37:39 Min.. UT. Verfügbar bis 13.10.2025. WDR. Von Mathea Schülke, Beate Becker.
Gewaltaufruf der Hamas: NRW verstärkt Schutz jüdischer Einrichtungen
Stand: 13.10.2023, 11:48 Uhr
Einrichtungen jüdischer Gemeinden in NRW werden nach einem weltweiten Gewaltaufruf der Hamas verstärkt geschützt. Deutsche Islamverbände warnen Muslime davor, sich von der Hamas instrumentalisieren zu lassen.
Die Hamas hat zu Aktionen gegen jüdische Einrichtungen aufgerufen. In dem Aufruf ist von einem "Freitag der Al-Aksa-Flut" die Rede - dem Codenamen für die Terrorattacken auf Israel. Neben Solidarität mit Palästina beinhaltet der Appell auch den Aufruf zu weiterer Gewalt und Konfrontation. Er richtet sich auch an Palästinenser außerhalb des Nahen Ostens.
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft forderte daraufhin, die Polizei müsse die Sicherheit für die Einrichtungen "maximal erhöhen". Der Vorsitzende Volker Beck erklärte: "Der Versuch der Hamas, den Konflikt am Freitag zu globalisieren, ist alarmierend." Jetzt sei die Polizei gefragt.
Antisemitismusbeauftragter: Warnung an Hamas-Sympathisanten
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, warnt Hamas-Unterstützer vor Aktionen in Deutschland. Ein Aktions-Aufruf der Hamas für diesen Freitag zeige: "Die antisemitische Terrororganisation Hamas möchte ihren bestialischen Hass gegen Jüdinnen und Juden weltweit verbreiten", sagte Klein den Zeitungen des "RedaktionsNetzwerk Deutschland" am Freitag. Es gehe ihr nicht um die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen oder dem Westjordanland. "Ihr Ziel ist die Vernichtung Israels und jüdischen Lebens." Er warne Hamas-Sympathisanten in Deutschland in den deutlichsten Worten, sagte Klein: "Die deutschen Sicherheitsbehörden haben Sie fest im Blick." Jüdische Einrichtungen würden umfassend geschützt, Verfassungsfeinde beobachtet.
BKA: Gewalttaten gegen israelische Ziele in Deutschland nicht ausgeschlossen
Das Bundeskriminalamt (BKA) schätzt die Gefährdungslage angesichts des neu entfachten Nahost-Konflikts auch in Deutschland als sehr hoch ein. Noch gebe es keine Aufrufe zu Anschlägen in Deutschland oder Europa, heißt es in einem internen Lagebild, über das der "Kölner Stadt-Anzeiger" berichtet. Allerdings halten es die BKA-Analysten nicht für ausgeschlossen, dass der Jubel und die Hetze nach dem Überfall der Hamas auf Israel dazu instrumentalisiert werde, um "Gewalttaten gegen israelische Ziele in Deutschland" zu initiieren. Auch könne das "erhebliche Emotionalisierungspotenzial des Konflikts jederzeit dazu führen, dass Radikalisierungstendenzen bei einzelnen Personen verschärft werden", heißt es laut Zeitung in dem Lagebild.
NRW verstärkt nochmal Sicherheitsmaßnahmen
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat höhere Schutzmaßnahmen vor besonders schutzwürdigen Einrichtungen jüdischer Gemeinden angeordnet, hieß es aus dem Innenministerium in Düsseldorf.
Auch die Polizeipräsenz vor Synagogen werde erhöht. Damit verstärke Nordrhein-Westfalen nochmals temporär die Schutzmaßnahmen. Schon unmittelbar nach Beginn der Hamas-Angriffe auf Israel am Samstag hatte die Polizei in NRW ihre Präsenz an jüdischen Einrichtungen erhöht.
Mehrere pro-palästinensische und pro-israelische Demos in NRW geplant
In Düsseldorf sind für morgen 50 Personen für eine Demonstration unter dem Motto "Solidarität mit Samidoun" angemeldet. Das Netzwerk Samidoun hatte auf der Straße in Berlin-Neukölln den Angriff der Hamas auf Israel gefeiert. Bundeskanzler Olaf Scholz hat ein Betätigungsverbot für die Gruppierung angekündigt. Zu einer Solidaritätskundgebung für das Samidoun-Netzwerk am Donnerstagabend in Duisburg waren nur eine Handvoll Teilnehmer gekommen. Die Demonstranten haben für heute eine erneute Kundgebung angekündigt.
Die Polizei hat diese, aber auch andere Demonstrationen unter Beobachtung. Bei der Demo "Siegen für ein freies Palästina" ist sie heute mit einem Großaufgebot vor Ort. In Köln soll es am Samstag zwei Demos geben: Eine pro Israel, eine pro Palästina. Generell gilt für die Demonstrationen: Es darf nicht zu Gewalt oder Hass gegen Israel aufgerufen werden.
Islamverbände: Solidarität mit Juden und Aufruf zu Besonnenheit
Muslimische und türkische Organisationen in Deutschland haben sich mit Juden und Jüdinnen solidarisiert und rufen zu Frieden auf. Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Gökay Sofuoglu, richtete Worte an alle Muslime in Deutschland. "Bleiben Sie besonnen! Halten Sie sich von der Manipulation der Hamas fern; diese schadet den Muslimen in aller Welt!", sagte er der Zeitung "Tagesspiegel" am Freitag. Sofuoglu forderte weiter: "Wir sollten gemeinsam klare Kante zeigen. Ich appelliere deshalb an alle Muslime in Deutschland, sich nicht von der Hamas instrumentalisieren zu lassen."
Vor dem Freitagsgebet rief auch der Vorstandsvorsitzende des Koordinationsrates der Muslime in Deutschland, Yakup Ayar, zu Frieden auf. Ayar sagte dem "Tagesspiegel" mit Blick auf die türkisch-islamischen DITIB-Gemeinden: "Während der Freitagspredigt werden wir bundesweit in allen DITIB-Moscheen dieses Thema aufgreifen und gemeinsam für den Frieden beten."
Sorge in jüdischer Gemeinschaft in Deutschland gewachsen
In der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland war zuletzt die Sorge vor Gewalt gewachsen. Die Sicherheitsmaßnahmen werden nach Angaben des Zentralrats der Juden bundesweit hochgefahren.
Auch der jüdische Sportverband Makkabi Deutschland hat seine Ortsvereine zur Wachsamkeit aufgerufen.