Vance landet in Grönland | Aktuelle Stunde
02:51 Min.. Verfügbar bis 28.03.2027.
Was will Trump mit Grönland?
Stand: 28.03.2025, 13:40 Uhr
Bodenschätze, Schifffahrtsrouten, Militärbasen sind Gründe für das Interesse. Auch die Eitelkeit von Trump könnte einer sein.
Von Ingo Neumayer
"Wir brauchen Grönland für die internationale Sicherheit. Wir brauchen es. Wir müssen es haben": US-Präsident Donald Trump hat im Vorfeld des Grönland-Besuchs seines Vizepräsidenten J.D. Vance abermals sein Interesse an der arktischen Insel bekundet. Ursprünglich hatte sich nur Vances Frau für den Besuch angekündigt, doch am Dienstag verkündete Vance, er habe beschlossen, seine Frau zu begleiten, damit diese nicht "den ganzen Spaß für sich alleine" habe. Weniger als Spaß, sondern vielmehr als Provokation, empfindet die grönländische Regierung den Besuch, zu dem es keine offizielle Einladung gab.
War es im Laufe von Trumps erster Amtszeit lediglich ein Kauf, den er ins Spiel brachte, schließt er nun auch wirtschaftlichen oder gar militärischen Zwang nicht aus. "Ich denke, wir werden es so oder so bekommen", sagte er Anfang März vor dem US-Kongress.
Warum ist Grönland für die USA so bedeutend? Welche Vorteile verspricht sich Trump durch eine Annektion? Es sind vor allem drei Bereiche, die die Insel so attraktiv für die USA machen.
Militärische Motive
Für die USA ist die Insel in der Arktis von hoher strategischer Bedeutung. Schon jetzt gibt es es auf Grönland einen US-amerikanischen Militärstützpunkt. Die "Pittufik Space Base" ist mit einem Frühwarnsystem für ballistische Raketen ausgestattet, da der kürzeste Weg von Russland nach Nordamerika über Grönland führt. Zudem werden von dort Satellitenüberwachungen durchgeführt. Auch Patrouillenboote und -Flugzeuge des US-Militärs, die im Nordpolargebiet unterwegs sind, machen dort regelmäßig Station.

Grönland: strategisch wichtige Lage in der Arktis
Angesichts der zunehmenden Aggressionspolitik Russlands sind die USA an einer stärkeren militärischen Präsenz vor Ort interessiert. Vor allem geht es darum, die Gewässer zwischen Grönland, Island und Großbritannien zu überwachen. Diese gelten als Einfallstor für russische Marineschiffe und Atom-U-Boote in den Atlantik.
Grönland ist derzeit ein selbstverwaltetes Territorium im Rahmen des dänischen Königreichs und dadurch Mitglied der NATO. Über die NATO-Verträge ist auch die derzeitige Militärpräsenz der USA auf der Insel geregelt. Da die USA und Trump Sinn und Zweck der NATO immer wieder in Frage stellen und offen mit dem Ausstieg aus dem Bündnis kokettieren, könnten Trumps Grönland-Ambitionen einen Vorgriff auf eine Zukunft darstellen, in der die USA nicht mehr Teil der NATO sind.
Wirtschaftliche Motive
In und um Grönland gibt es viele wertvolle Bodenschätze. Dazu zählen Öl, Gas, Gold, Diamanten, Uran, Zink und Blei. Zudem liegen unter dem Eisschild viele Seltene Erden. "Die gesamten grönländischen Vorräte an Seltenen Erden reichen aus, um den gegenwärtigen Weltbedarf für 150 Jahre zu decken", sagte Harald Elsner, Wirtschaftsgeologe und Seltene-Erden-Experte der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) dem Branchenmagazin "Technik und Einkauf". Angesichts des Klimawandels und der schmelzenden Eisschicht gehen Geologen davon aus, dass viele der Bodenschätze Grönlands in Zukunft leichter zugänglich sein werden. Derzeit wird der Abbau und die Verarbeitung Seltener Erden, die in der digitalen Welt immer wichtiger und u.a. für die Produktion von Smartphones, Elektroautos und Halbleitern benötigt werden, von China dominiert.

Seltene Erden werden für Smartphones benötigt
Die aktuelle grönländische Regierung legt großen Wert auf den Erhalt der Umwelt im sensiblen Ökosystem der Arktis. So gibt es immer wieder Entscheidungen gegen den Abbau von Rohstoffen, die Förderung von Öl und Erdgas ist dort derzeit verboten. Angesichts Trumps Ignoranz gegenüber Umwelt- und Klimathemen sowie seinem Bestreben, wirtschaftlich unabhängiger von China zu werden, ist davon auszugehen, dass diese Rohstoffe im großen Stil und ohne Rücksicht abgebaut würden, sollte Grönland unter US-amerikanische Kontrolle geraten.
Eine weitere Folge des Klimawandels betrifft den Schiffsverkehr in der Arktisregion. Aufgrund der Eisschmelze werden dort zunehmend neue Seewege frei, die in den Fokus der Weltwirtschaft geraten. Auch hier käme es Trump gelegen, von Grönland aus eine stärkere Kontrolle über diese Handelsrouten zu erlangen.
Historische Motive

Trump will die Staatsfläche der USA vergrößern
Dass Trumps Politik von immenser Eitelkeit motiviert wird und ihm viel daran gelegen ist, seine Präsidentschaft zu einer historischen zu machen, ist bekannt. Schon in seiner ersten Amtszeit wurden seine Ambitionen publik, als fünfter US-Präsident neben Washington, Jefferson, Roosevelt und Lincoln auf dem amerikanischen Nationaldenkmal "Mount Rushmore" verewigt zu werden. Auch sein Traum vom Friedensnobelpreis, den er laut eigener Aussage verdiene, ist dokumentiert.
Die USA als Nummer Eins - das ist Trumps Ziel in möglichst vielen Bereichen. Von daher kann man sich förmlich vorstellen, wie sich der US-Präsident beim Blick auf den Globus jedesmal orange ärgert. Denn zumindest flächenmäßig stehen die USA hier nicht ganz oben. Das größte Land der Welt ist Russland mit 17 Millionen Quadratkilometern, gefolgt von Kanada (10 Millionen).
Vielleicht lässt sich so Trumps aggressives Auftreten erklären, das er nicht nur gegenüber Grönland, sondern auch im Umgang mit Kanada zeigt. So sagte er mehrmals, er sehe Kanadas Zukunft als "51. Staat" der USA und bezeichnete den früheren kanadischen Premierminister Justin Trudeau als "Gouverneur" (Gouverneure sind in den USA die Regierungschefs der Bundesstaaten.
"Wir könnten schon bald ein vergrößertes Land sein", sagte Trump im Januar bei einer Rede in Las Vegas. Und wer das als bloßes Getöne und Gerade abtut, verkennt unter Umständen Trumps Geltungsdrang, seinen Willen und auch seine wirtschaftliche und militärische Macht. Sollten also Kanada und Grönland Teil der USA werden, wäre das Land mit knapp 22 Millionen Quadratkilometern das größte Land der Welt und der Blick auf die Weltkarte ein Triumph für die Anhänger des "Make America Great Again"-Mottos. Trumps Platz in den Geschichtsbüchern wäre ihm damit auf jeden Fall sicher - in welcher Form auch immer.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagenturen dpa, AP, Reuters
- X-Profil von J.D. Vance
- NPR-Artikel vom 7.1.2025: "What to know about Trump and his keen interest in Greenland"
- Wirtschaftswoche vom 2.3.2025: "Die verborgene Wahrheit des Donald Trump"
- Technik+Einkauf vom 23.01.2025: "Auf welche Rohstoffe hat es Trump abgesehen?"
Über dieses Thema berichten wir am 28.03.2025 auch im Fernsehen - in der "Aktuellen Stunde" ab 18.45 Uhr