Die Deutsche Post verkauft es positiv: "Wir könnten uns vorstellen, unseren Kunden künftig eine Wahlmöglichkeit zu geben, ob die Briefe schnell zugestellt werden sollen oder ob sie etwas länger unterwegs sein dürfen, mit entsprechender preislicher Differenzierung", teilte ein Konzern-Sprecher am Mittwoch mit.
Die Kunden "könnten dann entscheiden, ob ihnen eine besonders schnelle Zustellung einen Aufpreis wert ist", erläuterte das Post-Vorstandsmitglied Nikola Hagleitner in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
NRW-Verbraucherzentrale: "Falsches Signal"
Kritik an diesem Vorstoß kommt von Verbraucherschützern. "Bis jetzt ist es so geregelt, dass 80 Prozent aller Briefe am nächsten Tag zugestellt werden müssen, 95 Prozent bis zum zweiten Tag. Jetzt zu sagen, wir wollen von dem Anspruch runtergehen und es dafür teurer machen, ist natürlich nicht im Sinne der Verbraucher", betont Iwona Husemann von der Verbraucherzentrale NRW. "Das ist aus Sicht des Verbraucherschutzes ein Signal in die falsche Richtung."
Die Deutsche Post macht den Vorschlag in einer Zeit, in der das Image des Bonner Konzerns wegen Problemen bei der Briefzustellung ohnehin angekratzt ist. Die Zahl der Beschwerden über verspätete oder gar nicht angekommene Briefe bei der Bundesnetzagentur hat sich in den ersten neun Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr auf mehr als 30.000 verdoppelt. Meist sei es dabei um Mängel bei der Briefzustellung beim Marktführer, der Deutschen Post, gegangen.
Die Post selbst sprach von "lokalen Problemen" und begründete sie mit einem hohen Krankenstand und der schwierigen Lage am Arbeitsmarkt, wo zu wenige Fachkräfte zu finden seien.
Wann könnte die unterschiedliche Zustellgeschwindigkeit kommen?
Das dürfte noch dauern. Voraussetzung für einen solchen Schritt wäre, dass bei der anstehenden Reform des Postgesetzes die Verpflichtung gestrichen würde, wenigstens 80 Prozent der Briefe am folgenden Tag zuzustellen. Derzeit kommen Firmenangaben zufolge 83 bis 84 Prozent der eingeworfenen Briefe am Folgetag an - vorausgesetzt, dass es kein Sonntag oder Feiertag ist.
Die Post hält diese "starren Laufzeitvorgaben" in der Ära der elektronischen Kommunikation für nicht mehr zeitgemäß und wirbt seit einiger Zeit offensiv für ihre Abschaffung - aus betriebswirtschaftlichen Gründen, aber auch, weil die dafür notwendigen Nachtflüge die Umwelt belasteten.
Die Ampelkoalition will das Postgesetz ändern und modernisieren - seine Eckpfeiler sind mehr als zwei Jahrzehnte alt und kommen aus einer Zeit, als viele Bürger noch Briefe und Postkarten statt Mails und Chatnachrichten schrieben.
Wie sieht die Situation momentan aus?
Ganz neu ist die Idee mit dem Aufschlag für schnellere Sendungen für die Deutsche Post nicht. Schon heute gibt es den sogenannten Prio-Brief, der gegen einen Aufschlag von 1,10 Euro eine bevorzugte Behandlung des Briefes verspricht.
"Mit unserem Prio-Zusatzservice werden Ihre Briefe mit einer höheren Wahrscheinlichkeit schon am nächsten Werktag zugestellt", wirbt die Post. Der Anreiz, den Aufschlag zu bezahlen, dürfte allerdings gering sein, wenn der Brief vermutlich auch ohne Zuzahlung am nächsten Tag zugestellt wird.
Wie sieht es im Ausland aus?
Was sich ändern könnte, wenn die Post ihre Pläne umsetzt, zeigen Beispiele in Österreich und der Schweiz. Bei den Eidgenossen gibt es A- und B-Post. Ein Standardbrief bis 100 Gramm kostet auf schnellem Weg 1,10 Franken (1,12 Euro), mit der langsameren Post 0,90 Franken. Die Post verspricht eine Zustellung der schnellen Post am nächsten Werktag sowie am Samstag. Bei der B-Post kann die Zustellung bis zu drei Werktage dauern, und sie wird nicht am Samstag zugestellt.
Die österreichische Post unterscheidet zwischen Prio-Brief und Eco-Brief. Ein Prio-Brief bis 20 Gramm kostet einen Euro und ist am nächsten Tag beim Empfänger. Ein Eco-Brief kostet nur 0,81 Cent, braucht aber 2 bis 3 Werktage.
Was sagt die Bundesnetzagentur zu den Post-Plänen?
Sie reagierte zurückhaltend. "Über eine Änderung der Laufzeitvorgaben oder eine preisliche Differenzierung kann diskutiert werden", sagte eine Sprecherin der Behörde. Doch müssten die Auswirkungen eines solchen Schrittes genau untersucht werden.
"Die digitale Post kann den analogen Brief im Moment nicht vollständig ersetzen, und es gibt das berechtigte Interesse, dass Briefe regelmäßig und schnell befördert werden." Das gelte etwa für wichtige persönliche Korrespondenz oder behördliche und geschäftliche Sendungen. Eine kurze Laufzeit von Briefsendungen - das belegten auch Umfragen - sei den Menschen sehr wichtig.