Agrardiesel-Subvention: Welche Alternativen gibt es für Landwirte?

Stand: 07.01.2024, 17:41 Uhr

Die Landwirtschaft wehrt sich gegen die geplanten Einsparungen der Bundesregierung. Die Kürzung der Subventionen müsse komplett zurückgenommen werden, auch beim Agrardiesel. Aber geht es wirklich nicht ohne?

Von Andreas Schneider

Rund 47 Cent Steuern werden zurzeit pro Liter Diesel fällig. Etwa 21 Cent davon bekommen Landwirte im Moment zurück. Dieses Konzept heißt "Agrardiesel-Subvention" und kostet jedes Jahr laut Subventionsbericht des Bundes etwa 440 Millionen Euro Steuergelder. Weil Geld im Bundeshaushalt fehlt, sollte diese Agrardiesel-Subvention und die Befreiung von landwirtschaftlichen Geräten von der Kfz-Steuer gestrichen werden. Das führte zu Protesten von Landwirtinnen und Landwirten. Die Bundesregierung hat daraufhin angekündigt, die Befreiung für landwirtschaftliche Geräte von der Kfz-Steuer beizubehalten. Die Agrardiesel-Subvention hingegen wird schrittweise bis 2026 gekürzt.

Landwirte wollen weiterhin volle Förderung

"Die Nachbesserungen beim Agrardiesel sind unzureichend", reagierte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied. Er fordert die vollständige Rücknahme der Sparpläne. Ohne die Förderung sei die deutsche Landwirtschaft nicht wettbewerbsfähig. Für einen durchschnittlichen Betrieb würden etwa 7.000 Euro Mehrkosten dazu kommen, hat der rheinische Landwirtschaftsverband gegenüber dem WDR überschlagen. Andere Verbände rechnen sogar mit noch größeren Kosten. Die Landwirte wollen deswegen an ihren Protesten festhalten.

Agrardiesel-Subvention laut Experten falscher Anreiz

Beate Richter ist wissenschaftliche Referentin für Agrarpolitik beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft in Berlin. Sie hält die Streichung der Subvention in Schritten für das richtige Signal. "Die Agrardieselvergünstigung begünstigt fossilen Kraftstoffverbrauch pauschal. Das ist ein umweltschädlicher Fehlanreiz, da dadurch mehr Kraftstoff verbraucht und Emissionen ausgestoßen werden als nötig", sagt Richter.

Ähnlich sieht das auch Thieß Petersen, Senior Advisor für Nachhaltige Soziale Marktwirtschaft bei der Bertelsmann-Stiftung: "Derartige Subventionen schaden dem Klima, also sollten sie abgeschafft werden", schrieb er dem WDR.

Auch das Umweltbundesamt (UBA) hatte 2021 in einem Bericht verschiedene Subventionen aus der Klimaschutz-Perspektive überprüft. Die Agrardiesel-Subvention wurde dabei als klar klimaschädlich identifiziert.

Welche anderen Subventionen würden helfen?

Das UBA, das als zentrale Umweltbehörde Deutschlands die Bundesregierung auf Basis von unabhängiger Forschung berät, sagt aber auch: Ohne Subventionen wird es für die heimische Landwirtschaft schwierig. Sie schlagen vor, stattdessen klimafreundliche Maßnahmen zu unterstützen. Gegenüber dem WDR zählte das UBA einige Beispiele auf, bei denen Prämien oder Subventionen ausgezahlt werden könnten:

  • Weidehaltung
  • Schonender Ackerlandbau
  • Nachhaltige Bodenbewirtschaftung
  • Förderungen für naturbelassene Grünstreifen
  • Unterstützungen bei der Anschaffung von effizienten Geräten
  • Ringanschaffungen für Geräte, die mehrere Betrieben teilen

Diese Förderungen müssten im Detail aber noch ausgearbeitet werden – auch weil einige dieser Punkte, zumindest teilweise, bereits durch EU-Mittel gefördert werden. Da sei aber noch Potential nach oben, teilte das UBA dem WDR mit.

Ein Landwirt eggt am Freitag mit einem Traktor ein Feld bei Trebur | Bildquelle: WDR / dpa / Arne Dedert


Für Bauernverbände ist Agrardiesel alternativlos

Auch wenn die Landwirte für Klimaschutz-Maßnahmen offen seien, eine Subvention für Agrardiesel sei einfach unumgänglich sagt der rheinländische Landwirtschaftsverband auf Nachfrage: "Derzeit gibt es keine Alternative, die den Agrardiesel ersetzen könnte, daher setzen wir uns weiter auch für den Agrardiesel ein." Ähnlich äußerte sich der Landwirtschaftsverband Westfalen-Lippe gegenüber dem WDR. Auf andere Vorschläge gingen die Verbände auf Nachfrage nicht ein.

Diese Haltung ist für Agrar-Ökonom Alfons Balmann vom Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO) nicht nachvollziehbar: "Eigentlich bekommt die Landwirtschaft enorm viele Vergünstigungen und gleichzeitig gibt es aber große Probleme, wo die Landwirtschaft nachbessern muss im Bereich des Klimaschutzes, im Bereich des Biodiversität oder Tierschutzes." Es sei überfällig, dass Subventionen umgeschichtet würden, hin zu einer Honorierung von gesellschaftlicher Leistung.

Nur wie soll das organisiert werden? Zumindest in diesem Punkt bekommen die Landwirte vom Präsidenten des Wuppertal Instituts Recht.
Zwar sei der Wegfall der Agradiesel-Subvention von der Anreiz- und Steuerungswirkung grundsätzlich richtig gedacht, sagt Manfred Fischedick, in der zuerst angedachten Form aber zu kurzfristig gewesen, weil es an Alternativen fehle. Er sagt auch: Eigentlich müssten wir andere Stellschrauben drehen.

Dienstwagen-Privileg oder Pendlerpauschale

"Der Abbau bzw. die Streichung klimaschädlicher Subventionen ist ein ganz zentraler Baustein auf dem Weg in Richtung Treibhausgasneutralität", sagt Fischedick dem WDR. "Bisher ist das aber, wenn überhaupt nur halbherzig angegangen worden." Wenn die Bundesregierung es ernst meine, müsse man auch die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs sowie eine sozialverträgliche Anpassung der Pendlerpauschale auf die Agenda heben.

Quellen:

  • 29. Subventionsbericht der Bundesregierung
  • Umweltschädliche Subventionen in Deutschland (Aktualisierte Ausgabe 2021)
  • Umweltschädliche Subventionen in Deutschland (Aktualisierte Ausgabe 2016)
  • Gespräch mit dem UBA
  • Gespräch mit Dr. Thieß Petersen, Senior Advisor für Nachhaltige Soziale Marktwirtschaft bei der Bertelsmann-Stiftung
  • Gespräch mit Prof. Dr. Manfred Fischedick, Präsident des Wuppertal Instituts
  • Rapid Reaction des Science Media Centers – Vers. 2 – "Landwirtschaft protestiert gegen Sparpläne der Bundesregierung" mit vier Statements von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern
  • Aussagen von Beate Richter, wissenschaftliche Referentin für Agrarpolitik beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft in Berlin
  • Alfons Balmann vom Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO) im Interview im WDR 5 Morgenecho
  • Stellungnahmen vom Landwirtschaftsverband Rheinland und Westfalen-Lippe
  • Aussagen von Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes auf dem Instagram-Kanal des Bauernverbandes
  • Nachrichtenagentur dpa

Über dieses Thema berichten wir im WDR am 06.01.2024 auch im Hörfunk im WDR Morgenecho und am 07.01.2024 auch im Fernsehen, Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.