"Man wird keine Abaya mehr tragen können", verkündete Frankreichs Bildungsminister Gabriel Attal am Sonntagabend – dabei geht es um ein Verbot an Schulen. Denn: Für ihn ist das bei Muslimas verbreitete Kleidungsstück nicht mit dem Laizismus vereinbar.
Was sind die Ursprünge der Abaya?
Dabei hat das lange und locker getragene Kleid im Ursprung gar keine religiöse Bedeutung. Die Abaya kommt aus der arabischen Welt und wurde in der Beduinenkultur als Schutz vor den extremen Wetterbedingungen der Wüsten-Region getragen. Mit der Ausbreitung des Islams entwickelte sich die Abaya zu einem wichtigen Kleidungsstück für muslimische Frauen.
Wie sieht eine Abaya aus?
Das weite Kleidungsstück wird von muslimischen Frauen in der Öffentlichkeit über der normalen Kleidung getragen, um die Form ihres Körpers zu verhüllen. Das Überkleid ist daher hochgeschlossen, langärmlig und bodenlang. Die Abaya bedeckt allerdings weder Kopf noch Gesicht, auch wenn das Gewand traditionell mit einem Hijab oder Niqab kombiniert wird, kann es auch ohne ein solches Kopftuch getragen werden.
Im arabischen Raum ist die Abaya häufig schwarz, während in Indien, Pakistan und Indonesien auch hellere Farben zu sehen sind. Die Abaya kann dabei von einem sehr schlichten Alltagsgegenstand bis hin zu einem modischen und prunkvollen Gewand mit Verzierungen und Stickereien reichen.
Wo und aus welchem Grund wird die Abaya getragen?
Exakt definierte Kleidungsvorschriften lassen sich aus dem Koran nicht ableiten. Die Bedeutung des Kleidungsstückes variiert daher stark in muslimischen Ländern. In Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, Staaten mit strengen Kleidervorschriften für Frauen, ist die Abaya häufig zu sehen.
Im Jemen ist das Tragen des Überkleides in der Öffentlichkeit sogar gesetzlich vorgeschrieben. In den Maghreb-Staaten, in denen die Abaya ebenfalls weit verbreitet ist, gibt es von staatlicher Seite keine gesetzlichen Vorschriften zur Abaya. Durch die koloniale Vergangenheit mit den nordafrikanischen Ländern hat sich die Abaya in Europa vor allem in Frankreich etabliert.
Warum soll die Abaya in Frankreich verboten werden?
Aus französischen Schulen soll die Abaya nun aber verbannt werden. Der Grund laut Frankreichs Bildungsminister: Das Kleidungsstück sei eine "religiöse Geste". Frankreich versteht sich als laizistisches Land, in dem eine strikte Trennung von Staat und Religion herrscht. In dem Land mit seinen rund 67 Millionen Einwohnern leben Schätzungen zufolge zwischen 3,5 und sechs Millionen Muslime.
- 1994 trat ein Gesetz in Kraft, dass in Schulen nur noch diskrete, nicht aber auffällige religiöse Symbole erlaubte.
- 2004 wurden auffällige religiöse Symbole untersagt. Neben dem islamischen Kopftuch gilt das Verbot auch für christliche Kreuze und jüdische Kippas.
- 2010 folgte das Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit.
Wie soll das Verbot durchgesetzt werden?
Das ist bislang vom französischen Bildungsministerium noch nicht genau kommuniziert worden. Das Problem ist die Definition: Eine Abaya ähnelt im Grundsatz einem weiten Kleid, das ganz ohne religiösen Kontext getragen werden kann. Im November 2022 stellte das Bildungsministerium lediglich klar, dass Abayas verboten werden können, wenn sie "in einer Weise getragen werden, die eine Religionszugehörigkeit demonstrativ zum Ausdruck bringt."
Laut des französischen Muslim-Dachverbandes CFCM ist die Abaya allerdings kein religiöses Kleidungsstück, da es nicht in der ganzen muslimischen Welt getragen wird.
Gibt es ein ähnliches Verbot in Deutschland?
Nein, da das Kleidungsstück hierzulande nicht so weit verbreitet ist wie in Frankreich. Knapp die Hälfte der muslimischen Bevölkerung in Deutschland kommt aus der Türkei, wo die Abaya eine weniger große Rolle spielt.
Über das Tragen eines Kopftuches von Lehrkräften wurde jedoch auch in Deutschland jahrelang gestritten. 2015 stellte das Bundesverfassungsgericht allerdings klar, dass ein pauschales Kopftuchverbot an Schulen nicht mit der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit im Grundgesetz vereinbar ist. Demnach dürfen in Deutschland Muslimas grundsätzlich ihr Kopftuch auch im Unterricht tragen.
In einer früheren Version dieses Beitrags hatten wir berichtet, Kippa und Kreuz seien nicht verboten worden. Das ist nicht korrekt. Das Verbot gilt laut französischem Bildungsministerium für alle Zeichen und Kleidungsstücke, deren Tragen eine unmittelbare Erkennung der Religionszugehörigkeit ermöglicht.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Nachrichtenagentur Reuters
- Nachrichtenagentur APA
- Nachrichtenagentur KNA
- Bundesinnenministerium
- Deutschlandfunk
- TV5 Monde
- Französisches Bildungsministerium/ Ministère de l'éducation nationale
Über dieses Thema berichteten wir am 28.08.2023 auch in den Hörfunknachrichten, unter anderem bei WDR 5.