Wendepunkt in der Wissenschaft: Der Venustransit am 3.6.1769

WDR Zeitzeichen 03.06.2024 15:27 Min. Verfügbar bis 04.06.2099 WDR 5

Zum ersten Mal werten Wissenschaftler weltweit gemeinsam und erfolgreich Messdaten des Himmelsereignisses aus und prägen damit internationale Wissenschaftskooperation.

Wie groß ist die Entfernung zwischen Erde und Sonne? Um diese Frage zu beantworten, bildet sich im 18. Jahrhundert das erste internationale Forschungsprojekt. Das Ziel: Die Astronomen wollen anhand eines Venustransits zum Ergebnis kommen. Am 3. Juni 1769 gelingt das: Sie errrechnen aus den Rohdaten beinahe den heute gültigen Wert von 150 Millionen Kilometern. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Professor Dieter B. Herrmann (2021 verstorbener Astronom und Astronomie-Historiker); Andrea Wulf: Die Vermessung des Himmels – Vom gößten Wissenschaftsabenteuer des 18. Jahrhunderts. München 2023 ***


Nur sehr selten stehen Erde, Venus und Sonne exakt in einer Reihe. Von unserem Blickwinkel aus wandert die Venus dann über die Sonnenscheibe, mit bloßem Auge als kleiner schwarzer Punkt zu sehen. Im 18. Jahrhundert findet dieser sogenannte Venustransit zwei Mal statt: 1761 und 1769.

Die Astronomen glauben, dass sich aus der präzisen Transitdauer die Entfernung Erde-Sonne berechnen lasse und damit die Größe des Sonnensystems. Daraus ließe sich wiederum die Distanzen zwischen den Planeten ausrechnen. Das hätte praktischen Nutzen: Positionen auf See wären genauer bestimmbar – für den Seehandel von unschätzbarem Nutzen.

Das einzige Problem daran ist: Hunderte von Astronomen müssen den kurzen Moment gleichzeitig beobachten, von so viel verschiedenen Positionen wie möglich. Deshalb entsteht eine internationale Kooperation von Forschern – trotz Siebenjährigen Krieg, der auf fast allen Kontinenten und Meeren zwischen England und Frankreich und ihren Verbündeten tobt.

Doch ein optisches Phänomen lässt die rund 200 Forschern weltweit verzweifeln. Deshalb bleiben die Messungen hinter den Erwartungen zurück. Für den nächsten Transit am 3. Juni 1769 standardisieren alle ihre Instrumente und Messverfahren. Mit Erfolg: Sie errechnen aus den Rohdaten fast den heute gültigen Wert der Distanz Erde-Sonne, der "Astronomischen Einheit", von rund 150 Millionen Kilometern.

In diesem Zeitzeichen erzählt Wolfgang Burgmer:
  • mit welchen irdischen Problemen die Astronomen auf ihren Forschungsreisen zu kämpfen haben,
  • wie der sogenannte Schwarz-Tropfen-Effekt die Beobachtung des Venustransits erschwert,
  • wie später der US-Astronom Edwin Hubble das Tor in die Welt der Galaxien aufstößt,
  • welche Beispiele es heute für globale Forschungsprogramme im All gibt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Professor Dieter B. Herrmann (2021 verstorbener Astronom und Astronomie-Historiker)
  • Andrea Wulf: Die Vermessung des Himmels – Vom größten Wissenschaftsabenteuer des 18. Jahrhunderts. München 2023
  • Gudrun Bucher: Die Spur des Abendsterns – Die abenteuerliche Erforschung des Venustransits. Darmstadt 2011
  • Jean-Pierre Luminet: Rendez-vous mit Venus oder Die Liebe zur Astronomie. München 2005

Weiterführende Links:

Unser Hörtipp: Im WDR-Podcast Sport inside geht es in der aktuellen Folge um den deutschen Kolonialismus in Namibia: Dort hielt die herrschende weiße Minderheit Schwarze Fußballer aus ihren Ligen fern. Heute, mehr drei Jahrzehnte nach der Unabhängigkeit, besteht die soziale Ungleichheit fort. Host Nora Hespers spricht mit Ronny Blaschke, Autor eines Buchs über Kolonialismus und Rassismus im Fußball.

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Wolfgang Burgmer
Redaktion: Carolin Rückl und Matti Hesse
Technik: Sarah Fitzek

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