Kreativität, Können und Innovation bildeten bei dem Musiker eine perfekte Allianz. Und auch der Humor hatte einen festen Platz im Berufsleben von Jack Bruce. Zusammen mit seinem Bandkollegen bei Cream, so Jack Bruce mit einem selbstironischen Blick auf sein Schaffen, habe er hemmungslos improvisiert. Und zwar derart ausufernd, dass er manchmal am Ende eines Solos nicht mehr wusste, welchen Song sie gerade spielten.
Zum Zeitpunkt dieser launigen Selbsteinschätzung war Jack Bruce, geboren 1943 in Schottland, bereits ausgiebig auf der Erfolgsspur unterwegs. Zusammen mit Gitarrist Eric Clapton und Schlagzeuger Ginger Baker erlebte er eine so kurze wie heftige Erfolgszeit. Cream spielten einen intensiven Sound, vermischten dabei Blues, Hard- und Psychedelic-Rock und verkauften in ihrer nur zweijährigen Bandgeschichte von 1966 bis 1968 rund 35 Millionen Alben. Damit wurde das Trio in den Sixties zu etwas, das es bis dato noch nicht gegeben hatte: Cream war die erste Supergroup der Rockgeschichte.
Den Anteil, den Jack Bruce am Helden- und Innovationsstatus von Cream hatte, ist immens. Zum einen, weil er zahlreiche Songs komponierte – darunter Klassiker wie „I Feel Free“, „White Room“ und „Politician“ – und diese auch selbst sang; beides war für einen Bassisten seinerzeit ungewöhnlich. Und eben das war Jack Bruce auch mit seiner Art, wie er das Bassspiel interpretierte: innovativ. Jack Bruce verpasste – darin John Entwistle von The Who unbedingt ähnlich – dem E-Bass im Kontext der Unterhaltungsmusik ein neues Image. Seinen Bass spielte Jack Bruce mit der Melodiösität einer Gitarre und spendierte dem Instrument so einen neuen, bisher nicht dagewesenen Glam-Faktor: weg vom schnöden Begleit-Accessoire, hin zum integralen Bestandteil des Gesamt-Sounds.
Jack Bruce konnte seinen Bass knurrig, knarzig und aggressiv spielen; er beherrschte kluge Harmonien wie zum Beispiel in „Sunshine Of Your Love“ (das er zusammen mit Eric Clapton komponierte); er warf sich beherzt in ausufernde Improvisationen und duellierte sich im Saitenspiel mit Claptons Gitarre. Bei Cream spielte Ginger Baker als Exzentriker sein Schlagzeug mit vielschichtigen Jazz-Sättigungs-Beilagen, und Eric Clapton legte dort die Grundlagen für seinen Superstar-Status als Solokünstler. Jack Bruce aber war es, der mit seinen agilen Basslinien Cream als Power-Trio zusammenhielt. Wenn auch nicht allzu lange. Die Gründe für den kurzen Höhenflug von Cream analysierte Eric Clapton 2007 in seiner Autobiografie so: „Wir litten unter der Unfähigkeit, uns zu vertragen“.
Nach dem Ende von Cream war Jack Bruce in verschiedensten Zusammenhängen und Konstellationen musikalisch aktiv. Als rastloser Freigeist und kreativer Tausendsassa war er Mitglied in Ringo Starrs All-Starr Band, agierte in Charlie Watts Big Band und hatte auch keinerlei Berührungsängste mit Musiker*innen aus dem Jazz: Unter anderem spielte Jack Bruce zusammen mit Carla Bley, Mike Gibbs und Larry Coryell. Als gefragter Bassist arbeitete Jack Bruce außerdem mit Frank Zappa und Manfred Mann zusammen, und auch Lou Reed engagierte ihn: Jack Bruce spielte Bass auf dessen legendären „Berlin“-Album aus dem Jahr 1973.
Im Laufe der Jahrzehnte veröffentliche Jack Bruce Soloalben im zweistelligen Bereich und war dabei immer stilistisch vielfältig unterwegs. Als Wanderer zwischen Genres wie Rock, Blues, Jazz und World Music galt für ihn vor allem immer folgende Maxime: Hauptsache Bass. Mit den Ex-Kollegen von Cream stand Jack Bruce noch zweimal auf der Bühne: 1993 und 2005, als sie ein letztes Konzert im New Yorker Madison Square Garden spielten.
Seinen 50. Geburtstag feierte Jack Bruce 1993 mit zwei Konzerten exklusiv für Rocklife. Das Rockpalast Portrait "Das Beste kommt noch" beschreibt das Zustandekommen des 50th Birthday Konzertes aus Köln und enthält neben Konzertausschnitten ein langes Interview mit Jack Bruce.
Für sein innovatives Spiel zwischen Rock-, Hard-, Psychedelic-Rock und Jazz-Elementen wurde Jack Bruce von so unterschiedlichen und berühmten Bassisten wie Sting, Geezer Butler und Roger Waters bewundert. Nach einer Krebsdiagnose musste sich Jack Bruce 2003 einer Lebertransplantation unterziehen, hatte in der Folge massive gesundheitliche Probleme, erholte sich wieder, veröffentliche Alben und spielte live. 2014 starb Jack Bruce im Alter von 71 Jahren an den Folgen seiner Lebererkrankung.