Es ist ein Glaubensbekenntnis der etwas anderen Art. Eines, dass die Kirche als Institution links liegen lässt und auch keine Verträge mit Religiosität jedweder Art hat. „This is my church“ heißt es in „God Is A DJ“, einem zentralen Track aus dem Schaffen von Faithless. Bedeutet übersetzt: Mein Credo ist der Dancefloor, mein Altar das DJ-Pult. Und die Tanzfläche ist der Sehnsuchtsort, an dem kulturelle, soziale und sexuelle Unterschiede nicht von Belang sind. Egal, wer, wie du bist und woher du kommst – es gilt: Die Disko braucht dich.
Das uns noch viel mehr ist das Credo von Faithless, die sich Mitte der 1990er-Jahre in London gründeten. Zum kreativen Nukleus der Formation gehören Maxi Jazz, Sister Bliss und Rollo; live verstehen sich Faithless als offenes System. Auf den Bühnen und in den Clubs wird das Line-up um zahlreiche und wechselnde Gastmusiker*innen ergänzt. Auch Rollos Schwester Dido, als Solokünstlerin schwer erfolgreich, sprang vorübergehend und immer mal wieder auf dieses Personalkarussell auf.
Zu den bekanntesten Titeln von Faithless zählen „Insomnia“, das bereits erwähnte „God Is A DJ“ und „Mass Destruction“. Mit dem Track, einem radikalen Anti-Kriegs-Song, markieren Faithless ihr Selbstverständnis: Auch eine Formation, die den Dancefloor im Fokus hat, kann politisch denken.
2011 trennten sich Faithless vorübergehend und feierten zum Abschluss noch einmal ganz groß: Ihr finales Konzert in Brixton wurde live in Kinos rund um den Globus übertragen. Im Jahr 2015 kam es zur Wiedervereinigung der Formation; im selben Jahr würdigte der 2018 verstorbene DJ und Produzent Avicii den größten Hit von Faithless mit dem Remix „Insomnia 2.0.“ Der hat im Übrigen für einen Dancefloor-Knaller eine prächtige Halbwertzeit. Zum Ende des zweiten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts staksen die Clubgänger wieder auf Plateausohlen Richtung Tanzfläche: Plateauschuhe sind wieder genauso in wie Faithless.
In der Nacht auf den 24. Dezember 2022 verstarb "Faithless"-Sänger Maxi Jazz im Alter von 65 Jahren in seinem Londoner Haus.