Guntram Schneider hat man offenbar vergessen. Als einziger Sozialdemokrat steht der Arbeitsminister vor dem Haus des Landkreistages in Düsseldorf, wo am Dienstag (22.05.2012) die Koalitionsverhandlungen stattfinden, und redet mit Journalisten. Die Ministerpräsidentin und die übrigen Mitglieder der SPD-Verhandlungsrunde haben sich in die benachbarte SPD-Zentrale zurückgezogen. Sie warten auf den großen Auftritt. Hat man den Minister wirklich nicht eingeweiht?
Ein Pulk grüner Unterhändler
Auftritt der Grünen: Geschlossen marschieren die 19 Unterhändler mit Schulministerin Sylvia Löhrmann an der Spitze vom Landtag rüber bis zum Verhandlungsort. Es ist ein gutes Bild für Kameraleute und Fotografen. "Wir gehen mit einer guten Haltung in die Gespräche", sagt Löhrmann. Und würde am liebsten sofort anfangen mit den Gesprächen. Doch der Partner ist noch nicht da. Was nun? Schon mal vorgehen? Sollte man nicht gemeinsam mit der SPD hineingehen, wäre das nicht das bessere Bild?
Dieses Mal soll es schnell gehen mit den Verhandlungen
Lange dauert die Unschlüssigkeit nicht, denn nun rauscht der ebenfalls 19 Köpfe zählende SPD-Tross heran. Hannelore Kraft an der Spitze sagt etwas von "Gelassenheit", begrüßt Löhrmann, und nun endlich geht es hinein in den Landkreistag. Hinauf in den ersten Stock, wo sich in einem hellen Konferenzraum zwei lange Tischreihen gegenüberstehen. Es ist exakt jener Ort, an dem vor zwei Jahren schon einmal Sondierungsgespräche zwischen Roten und Grünen stattgefunden hatten. Damals dauerte es Monate, ehe sich die beiden Seiten dazu durchrangen, gemeinsam und ohne eigene Mehrheit eine Regierung zu bilden. Dieses Mal soll es mit Mehrheit deutlich schneller gehen.
Die Botschaft des Abends lautet: Harmonie
Die Türen schließen sich. Und schon nach anderthalb Stunden gehen sie wieder auf. "Wir wollten es nicht zu lang machen", sagt Löhrmann spitzbübisch. Es sei bei dieser ersten Verhandlungsrunde gar nicht um Verhandlungen gegangen. Den organisatorischen Rahmen habe man abgesteckt. Arbeitsgruppen gebildet und sich einander vorgestellt. Kraft sekundiert, es habe eine gute Atmosphäre geherrscht.
Das ist denn auch die Hauptbotschaft dieses Abends: Harmonie. Niemand soll auf den Gedanken kommen, dass nun - nach der Wahl und mit veränderten machtpolitischen Vorzeichen - hart um Pfründe gerungen werde. Um Personal etwa oder darum, in welchem Ressort wie viel gespart werden muss. Es gehe darum, den alten Koalitionsvertrag von 2010 zu aktualisieren, heißt es stattdessen. "Wir haben Routine, wir kennen uns", sagt Kraft. "Wir wollen die konstruktive Kultur des Miteinanders fortsetzen" - so klingt es bei Löhrmann. Ein Wort zu möglichen Streitfragen oder Knackpunkten? Fehlanzeige. "Ich werde doch nicht im Vorfeld die Konflikte benennen", sagt Kraft.
In drei Wochen zum Koalitionsvertrag
Dabei dürften Konflikte schon allein deshalb nicht ausbleiben, weil sich die Partner unter erheblichen Zeitdruck gesetzt haben. Am 18. Juni, nach nur vier Verhandlungsrunden, soll der Koalitionsvertrag unterzeichnet werden. Zwei Tage später soll die Ministerpräsidentin gewählt und wieder einen Tag später die Minister vereidigt werden. Wer Minister wird, soll angeblich erst ganz am Ende besprochen werden. Guntram Schneider kann nur hoffen, dass man ihn dann nicht wieder vergisst.