Erste Ergebnisse bei Koalitionsverhandlung
Rot-Grün will das Wahlalter auf 16 senken
Stand: 02.06.2012, 18:36 Uhr
Die künftige rot-grüne Landesregierung möchte die Verfassung modernisieren und unter anderem das Wahlalter auf 16 senken. Das ist das Hauptergebnis der zweiten Koalitionsrunde, die am Samstag (02.06.2012) in Düsseldorf tagte. Die Koalitionäre bekräftigten zudem ihren Willen zum Sparen.
Von Rainer Kellers
Knapp drei Stunden saß die 38-köpfige Verhandlungsrunde von SPD und Grünen am Samstag (02.06.2012) zusammen. Nicht viel Zeit, wenn man bedenkt, dass jede der zehn Arbeitsgruppen den Zwischenstand ihrer Verhandlungen vortrug. Eine intensive Debatte über einzelne Punkte kann es bei der zweiten von vier geplanten Koalitionsrunden kaum gegeben haben. Und so fanden einige aus dem Teilnehmerkreis die Muße, sich per Twitter über die Garderobe einzelner Unterhändler auszulassen. Eine grüne Hose habe Ministerpräsidentin Hannelore Kraft an, bemerkte beispielsweise Arndt Klocke von den Grünen und fragte sich, ob das ein Zeichen sei.
Der Zeitplan soll eingehalten werden
War es nicht. Denn erstens sei dies kein Grün, sondern Türkis, sagte Kraft später. Und zweitens gebe es durchaus noch Konfliktfelder, die abgeräumt werden müssten - so äußerte sich nach der Sitzung die grüne Verhandlungsführerin Sylvia Löhrmann. Welche Felder das denn sind, darauf wollten Kraft und Löhrmann nicht eingehen. Man arbeite kräftig, sei konzentriert und werde den sehr ehrgeizigen Zeitplan einhalten, sagten beide. Bis zum 11. Juni soll der Koalitionsvertrag unterschriftsreif sein und wenige Tage später von Parteitagen beschlossen werden.
Verfassungsänderung mit Hilfe der Piraten
Die Verfassung soll durchforstet werden
Immerhin ein paar Details des künftigen Vertrages konnten die beiden Verhandlungsführerinnen schon am Samstag verraten. Einig sind sich SPD und Grüne demnach darüber, die Verfassung des Landes gründlich durchforsten zu wollen. Es soll eine - auch mit externen Experten besetzte - Kommission eingesetzt werden, die klären soll, was in der Verfassung noch zeitgemäß ist und was nicht. Das Wahlalter halten die beiden Parteien dabei ganz offensichtlich nicht mehr für zeitgemäß. Denn das soll auf Landesebene von 18 auf 16 Jahre reduziert werden. Die für die Verfassungsänderung nötige Zweidrittelmehrheit hofft Rot-Grün mit FDP und den Piraten erreichen zu können, die ja selbst eine Herabsetzung des Wahlalters fordern.
Herabgesetzt werden soll nach dem Willen der künftigen Koalitionspartner auch die Hürde für Volksbegehren - sie liegt derzeit bei acht Prozent der Wahlberechtigten. Weiterhin möchte Rot-Grün die Informationsrechte des Parlaments gegenüber der Regierung stärken - deren Arbeit soll also transparenter werden. Und schließlich soll darüber nachgedacht werden, die Regeln bei der Auflösung des Parlaments zu ändern. Derzeit ist es so, dass das Parlament als aufgelöst gilt, sobald es diesen Beschluss gefasst hat. Die Landesregierung hingegen bleibt bis zur Einsetzung einer neuen Regierung kommissarisch im Amt. Ähnliches kann sich Rot-Grün auch für das Parlament vorstellen.
Inklusive Gesellschaft als Grundmelodie für den Koalitionsvertrag
Bei weiteren Inhalten blieben Kraft und Löhrmann vage. Drei Schwerpunkte wollten sie setzen, sagten sie: Prävention, Nachhaltigkeit und Inklusion. Letzteres solle breiten Raum im Koalitionsvertrag einnehmen. Ziel sei eine inklusive Gesellschaft, in der alle - beispielsweise Behinderte, Nichtbehinderte, Alte, Junge, Migranten - integriert seien. "Das ist die Gesamtmelodie für den Koalitionsvertrag", sagte Löhrmann.
Kraft und Löhrmann wollen rund eine Milliarde sparen
Eher einen nervigen Grundton dürfte die über allen Vorhaben stehende Notwendigkeit des Sparens auslösen. Das gaben die beiden Verhandlungsführerinnen auch zu. "Es gibt nichts zu verteilen und keinen Spielraum für Ausgabensteigerungen", sagte Kraft. Dass damit auch ein weiteres kostenloses Kindergartenjahr vom Tisch sei, wollte die Ministerpräsidentin damit aber nicht gesagt haben. "Es geht darum, dass wir mit den Budgets auskommen", betonte sie. Gespart werden soll vor allem bei den Förderprogrammen. Alle Ressorts hätten die Aufgabe, diese zu durchforsten und die Ausgaben zu überprüfen. Eine Milliarde Euro soll so dauerhaft bei den Ausgaben gekürzt werden. Dass das nicht jedem Politiker gefällt, dürfte klar sein. Und so stöhnte Grünenchefin Monika Düker nach der Verhandlungsrunde: "Wahlkampf war einfacher."