Zweite Verhandlungsrunde von Rot-Grün
SPD und Grüne streiten vor allem ums Sparen
Stand: 01.06.2012, 17:21 Uhr
Es geht um Kitas, die Energiewende und natürlich ums Sparen. Am Samstag (02.06.2012) kommen in Düsseldorf zum zweiten Mal die Unterhändler von SPD und Grünen zu Koalitionsverhandlungen zusammen. Nach außen hin demonstrieren die Partner nach wie vor große Einigkeit. Hinter den Kulissen aber wird zäh gerungen.
Von Rainer Kellers
Der Landtag ist eine Gerüchteküche. Das war er schon immer, aber in diesen Tagen brodelt es besonders stark. Das neueste Gerücht geht so: Umweltminister Johannes Remmel, einer der Hauptverhandlungsführer der Grünen, soll die Gespräche in der Arbeitsgruppe Umwelt nach nur sieben Minuten wutschnaubend beendet haben. Angeblich hat sich der Minister über Kürzungsvorschläge der SPD für sein Ressort aufgeregt. Ob's stimmt? Offiziell wird der Vorfall nicht bestätigt. Bei den Grünen heißt es aber, es habe lediglich eine Sitzungs-Unterbrechung gegeben.
Koalitionsrunde nach Pfingsten wurde abgesagt
Die Anekdote zeigt, dass bei den Verhandlungen von Roten und Grünen nicht nur pure Harmonie herrscht. Seit anderthalb Wochen verhandeln SPD und Grüne über einen neuen Koalitionsvertrag. Jeden Tag sitzen die Unterhändler in zehn Arbeitsgruppen zusammen. Der Diskussionsbedarf scheint groß zu sein. Eigentlich sollte schon nach Pfingsten ein Treffen in großer Runde stattfinden, um erste Ergebnisse zu beraten. Es wurde abgesagt, die Arbeitsgruppen waren noch nicht so weit. Dieses Treffen gibt es nun am Samstag. Geplant ist, dass die Arbeitsgruppen ihre Zwischenbilanzen präsentieren. Anschließend soll darüber in großer Runde diskutiert werden. Man muss kein Hellseher sein, um sich vorzustellen, wo dabei die Konfliktlinien verlaufen: rund ums Geld.
Im Haushalt soll rund eine Milliarde eingespart werden
Die Zeit des Kuschelns ist vorbei
Die Koalitionäre sind sich nach Informationen von WDR.de weitgehend einig, dass der Haushalt des Landes strukturell, das heißt dauerhaft, um circa eine Milliarde Euro pro Jahr gekürzt werden soll. Zum Vergleich: Der gescheiterte Haushaltsentwurf für 2012 sah Ausgaben in Höhe von 58,4 Milliarden Euro vor. Die Frage ist nur, wo den Rotstift ansetzen? Darüber herrscht keine Einigkeit. Von den Grünen beispielsweise kommt der Vorschlag, Polizeibehörden zusammenzulegen und dadurch in der Verwaltung 2.000 Stellen einzusparen. Angeblich bringt das 100 Millionen Euro im Jahr. Wenig überraschend gefällt dem für die Polizei zuständigen Innenminister Ralf Jäger (SPD) dieser Vorschlag gar nicht.
Kommt ein weiteres kostenfreies Kitajahr?
Seine SPD denkt stattdessen darüber nach, die durch den demografischen Wandel frei werdenden Lehrerstellen an Schulen abzubauen. Die freien Kapazitäten sollten Kitas oder Hochschulen zugute kommen. Das wiederum wollen die Grünen nicht. Die Lehrer würden unter anderem für die geplante Inklusion behinderter Schüler gebraucht. Was die Kitas angeht, liebäugeln die Unterhändler der SPD damit, die Beitragsfreiheit weiter auszudehnen. Ein weiteres freies Kitajahr könnte um die 150 Millionen Euro kosten. Geld, das die Grünen lieber sparen wollen. Eine Kompromissformel könnte lauten, den Wunsch nach einer kostenlosen Kita in den Vertrag aufzunehmen, aber kein Datum für die Umsetzung hineinzuschreiben.
Förderprogramme stehen auf dem Prüfstand
Händeschütteln vor dem ersten Treffen im Mai
Das größte Sparpotenzial - wenn man den Bereich Personal ausnimmt - dürfte bei den Förderprogrammen des Landes liegen. Aus SPD-Kreisen ist zu erfahren, dass Programme in allen Ressorts auf dem Prüfstand stünden. Betroffen seien insbesondere die Ministerien für Umwelt, Wirtschaft und Familien, da hier das meiste Fördergeld ausgegeben werde. Konkret genannt wird in Verhandlungskreisen die Eigenheimförderung und die Förderung der energetischen Gebäudefinanzierung. Beide Programme kosten das Land je rund 200 Millionen Euro im Jahr. Gut angelegtes Geld? Zumindest in der SPD gibt es da Zweifel. Die gibt es im übrigen auch darüber, ob das Land weiterhin eigene Betriebe für Straßenbau und Bauvorhaben braucht. Straßen.NRW und der berüchtigte BLB könnten ausgegliedert werden, heißt es.
Mehr Geld für den Erhalt der Straßen
Weitere Streitpunkte der künftigen Koalitionäre sind dem Vernehmen nach unter anderem der Straßenbau und die Gestaltung der Energiewende. Beim Straßenbau sind sich beide Seiten einig, dass es mehr Geld für die Instandhaltung der Straßen geben soll. Offen ist jedoch, ob die Mittel dafür aus dem Topf für Neubauprojekte kommen sollen - so wollen es die Grünen -, oder dem Verkehrsetat zusätzlich zur Verfügung gestellt werden - so der Plan der SPD.
Braucht NRW neue Kohlekraftwerke?
Es ist aber das Thema Energie, das für die Unterhändler zum dicksten Brocken werden könnte. Und zwar in zweifacher Hinsicht. Zum einen steht die Frage im Raum, ob in NRW künftig auch neue Kohlekraftwerke gebaut werden sollen. Im Koalitionsvertrag von 2010 steht, dass die derzeit geplanten Bauvorhaben vorangetrieben werden sollen. Von neuen Kraftwerken ist nicht die Rede. Der Atomausstieg hat die Dinge aber verändert. Ohne neue fossile Kraftwerke, die Gas und Kohle verbrennen, werde es nicht gehen, heißt es in der SPD. Neue Kohlekraftwerke sind für die Grünen aber ein rotes Tuch.
Offenbar neues Ministerium geplant
Offen ist zum anderen, wer in der Landesregierung künftig für Energie zuständig sein wird. Bislang ist der Bereich zwischen dem Wirtschafts- und Umweltressort aufgeteilt. Der Vorschlag, die Kompetenzen zu bündeln, womöglich gar ein eigenes Energieministerium einzurichten, ist aber offenbar vom Tisch. Stattdessen soll nach WDR-Informationen das Megaministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr gespalten werden. Wer welches Ministerium übernimmt, ist offen. Bei Personalfragen zeigen sich die Unterhändler sehr zugeknöpft. Aus der Umgebung der Ministerpräsidentin ist aber zu hören, dass keiner der bisherigen Minister seinen Hut nehmen muss. Nur ein Gerücht? Möglich.