Loveparade-Dokumente im Netz
Portal veröffentlicht Interna der Stadt Duisburg
Stand: 18.08.2010, 18:13 Uhr
Die Stadt Duisburg hat einem kritischen Informationsportal gerichtlich untersagt, interne Dokumente zur Loveparade zu veröffentlichen. Doch nun sind die Dokumente auch auf anderen Seiten aufgetaucht - und die Stadt hat kapituliert.
Die unkontrollierbare Verbreitung der Dokumente sei nun faktisch nicht mehr zu unterbinden, sagte ein Stadtsprecher am Mittwochnachmittag (18.08.10). Die Stadt wolle gegen die Veröffentlichung keine weiteren juristischen Schritte unternehmen. Zuvor war die Stadt noch gerichtlich gegen die Veröffentlichung der insgesamt 43 Schriftsätze vorgegangen. Dabei handelt es sich um die Anlagen zu einem Zwischenbericht der Stadt über die Zuständigkeiten der Kommune bei der Loveparade-Planung. Der Bericht war Anfang August dem Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags, der Staatsanwaltschaft Duisburg sowie den Ratsmitgliedern zur Verfügung gestellt worden.
Das Duisburger Blog 'xtranews.de' hatte die Dokumente veröffentlicht. Dagegen erwirkte die Stadt Duisburg am Montag (16.08.10) vor dem Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung. In den Dokumenten seien die Namen und Kontaktdaten der städtischen Mitarbeiter für jeden sichtbar, begründete Stadtsprecher Josip Sosic noch am Mittwochmorgen das gerichtliche Vorgehen. "Bei dieser angespannten Situation, in der offene Drohungen gegen uns ausgesprochen werden, können wir das nicht zulassen."
Strafen bis zu 250.000 Euro angedroht
Blog-Betreiber Thomas Rodenbücher sieht sich nach der Ankündigung der Stadt, die Veröffentlichung nun nicht mehr unterbinden zu wollen, bestätigt: "Es ist ein Erfolg von Social Community, von Internet insgesamt, dass man nichts mehr vertuschen kann." Am Dienstag hatte er notgedrungen die Dokumente von der Seite gelöscht. "In der Einstweiligen Verfügung wurden uns sonst Geldstrafen bis zu 250.000 Euro angedroht." Die Stadtverwaltung habe lückenlose Aufklärung zur Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten versprochen. "Und dann geht sie mit solcher Härte gegen andere Aufklärer vor. Das passt doch nicht zusammen." Auch der Deutsche Journalisten-Verband zeigte sich noch am Mittwochmittag irritiert über das Vorgehen der Stadtverwaltung. Die Stadt müsse ihr restriktives Verhalten im Zusammenhang mit dem Unglück bei der Loveparade beenden und Journalisten tatkräftig bei der Aufklärung der Ereignisse unterstützen, forderte der Verband.
8.500 Unterschriften gegen OB Sauerland gesammelt
Die Stadtverwaltung steht nach wie vor in der Kritik. Eine Duisburger Bürgerinitiative, welche die Abwahl des Oberbürgermeisters und zweier Dezernenten fordert, meldet währenddessen einen ersten Erfolg. Die Initiative sammelt seit Wochen Unterschriften, um im Stadtrat die Abwahl des Oberbürgermeisters auf die Tagesordnung zu setzen. Für einen solchen Bürgerantrag sind laut NRW-Gemeindeordnung 8.000 Unterschriften erforderlich, 8.500 haben die Aktivisten schon zusammen. "Das Interview von Adolf Sauerland im WDR-Fernsehen hat uns viel Zulauf gebracht", sagt Initiator Werner Hüsken. Der Oberbürgermeister habe bei seinem Fernsehauftritt eine sehr schlechte Figur gemacht. "Man kann sich doch nicht vor die Öffentlichkeit stellen und dann nichts zur Sache sagen", schimpft Hüsken. Das Verhalten des OB zeuge nicht gerade von Respekt vor den Opfern der Katastrophe.
OB war nicht gut informiert
In dem genannten WDR-Interview hatte Sauerland darüber geklagt, dass er bis heute nicht alle Namen der 21 Todesopfer kenne. Das Land gebe die Namen aus Datenschutzgründen nicht weiter. Inzwischen hat die Stadt zugegeben, dass die Namen der Opfer im Duisburger Standesamt schon lange vorliegen. Die Standesbeamten hatten die Sterbeurkunden ausgestellt. "Das hat Herr Sauerland einfach nicht gewusst", sagte eine Stadtsprecherin auf Anfrage von WDR.de. Man habe sich wirklich bemüht, den Angehörigen der Opfer Kondolenzschreiben zuzustellen. "Aber die Adresse des Toten ist nicht unbedingt auch die Kondolenzadresse." Deshalb habe man die Schreiben am Tag vor der öffentlichen Trauerfeier der Notfallseelsorge übergeben, die sie weiterleiten sollte. "Das hat offensichtlich nicht geklappt."