Vergoldeter Halbmond auf der Spitze des Minaretts einer Moschee in Duisburg

Worum geht es beim Streit um die neue Moschee in Köln?

"Menschen integrieren, nicht Kollektive"

Stand: 21.08.2008, 06:00 Uhr

Der türkisch-islamische Verband Ditib will am Mittwoch (22.08.2007) den aktuellen Stand seiner Pläne für eine große neue Moschee in Köln öffentlich vorstellen - wenige Tage nachdem die CDU der Stadt gravierende Änderungen an dem Bau verlangte. Was macht den Kölner Moschee-Streit so kompliziert? WDR.de sprach darüber mit dem Journalisten Ahmet Senyurt, der seit Jahren den Islam in Deutschland beobachtet und kürzlich einen Film über die Auseinandersetzung in Köln drehte.

WDR.de: Die Kölner CDU verlangt nach einem Parteitagsbeschluss vom Sonntag (15.08.2007) eine Veränderung, vor allem Verkleinerung der Moscheebau-Pläne. Welche Chancen hat sie, das durchzusetzen?

Ahmet Senyurt: Die Mehrheit im Kölner Rat unterstützt das Bauvorhaben. Ditib soll nur 200 Autostellplätze zusätzlich schaffen. Deshalb plant Ditib schon eine Tiefgarage. Die Genehmigung ist durch, sagt der Kölner Baudezernent. Der Parteitagsbeschluss hat eher eine CDU-interne Bedeutung: Da lehnt sich die Basis gegen Minister Laschet, also gegen die Landespartei, und gegen den eigenen Oberbürgermeister Schramma auf. Die Partei sieht nämlich, dass ihr vor Ort die Mitglieder weglaufen, aus Ärger über die Moscheepläne.

WDR.de: Aber Ditib führt jetzt noch ein Spitzengespräch mit der Kölner CDU. Sind da Überraschungen zu erwarten?

Senyurt: Ich bin nicht der Prophet! Es sieht aber so aus, dass Ditib, was die baulichen Pläne angeht, keinen Millimeter nachgeben will. Man überlegt zusätzliche Sozialangebote, will mehr Anregungen von außen für die Aktivitäten um die eigentliche Moschee herum aufnehmen. Aber die Anlage soll unverändert verwirklicht werden.

WDR.de: Die CDU fordert nicht nur bauliche Veränderungen, sondern zum Beispiel auch: Die Moschee solle für alle Muslime Kölns offen sein. Das verstoße gegen die Religionsfreiheit, antwortet Ditib. Was steht hinter diesem Konflikt?

Senyurt: Da werden zwei Themen miteinander verbunden, die nichts miteinander zu tun haben. Beide Seiten verstehen nicht, wovon sie hier eigentlich reden. Die Deutschen, die so eine Forderung erheben, haben wenig Ahnung vom Islam, der eben nicht einheitlich ist. Ditib hat dagegen nicht begriffen, dass sie hier in Deutschland agieren. Sie haben selbst von einer "Zentralmoschee" gesprochen, aber das war eher ein Marketing-Gag. Denn Ditib vertritt türkische Muslime. In der Moschee wird türkisch gepredigt, auf dem Gelände türkisch gesprochen. Erst in letzter Zeit kann man beobachten, dass immer mehr Schwarzafrikaner, Asiaten oder auch Deutsche in der Moschee beten, die kein Wort türkisch verstehen.

WDR.de: Die "Zentralmoschee" war vor Jahren auch ein Wunsch in der Kölner Politik: so eine Art Kölner Dom für alle Muslime. Warum ist dieser Plan gescheitert?

Senyurt: Die Organisationen, die den Islam in Deutschland vertreten - obwohl sie nur eine Minderheit von vielleicht 20 Prozent der Muslime repräsentieren - sind meist "Heimatvereine". Sie agieren nicht unabhängig, sondern sind der verlängerte Arm von politischen Parteien oder, wie bei Ditib, des türkischen Staates. Deshalb konnten sich diese Vereine nicht darauf einigen, wer in einer Zentralmoschee die Kontrolle haben würde. Dann ist Ditib schließlich ausgestiegen und hat entschieden: Wir machen unseren Plan alleine. Der von deutscher Seite vorgetragene Plan war gut gemeint, aber nicht gut überlegt. Im Übrigen: In einem islamischen Land würde eine verordnete gemeinsame Zentralkirche von Katholiken, Protestanten und Orthodoxen wohl auch nicht funktionieren.

WDR.de: Integrationsminister Armin Laschet hat auf dem CDU-Parteitag Ditib als Vertreter eines offenen, dialogbereiten Islam herausgestellt. Fritz Schramma sagt es ähnlich. Worin gründet dieses gute Verhältnis zwischen Ditib und der deutschen Politik?

Senyurt: Es ist eben immer leichter, wenn ein Staat mit dem anderen auf kurzem Wege kungelt. Es ist leichter, ein Kollektiv zu integrieren, was dazu noch von einem Staat kontrolliert wird. Man hat einen klar definierten Ansprechpartner. Menschen, Individuen zu integrieren, ist viel schwerer. Darin steckt aber ein Trugschluss: Die Migranten hier in Deutschland müssen als Individuen, als Bürger wahrgenommen werden, nicht als Gläubige. Schließlich sind die Türken hier nicht mehrheitlich Ditib-Türken.

WDR.de: Ditib formuliert aber ganz klar, sein Ziel sei es, in Deutschland als Religionsgemeinschaft anerkannt zu werden. Ist das zu erwarten?

Senyurt: Dafür müsste Ditib erst Strukturen schaffen, die dem deutschen Staatskirchenrecht entsprechen. Jedes Mitgied eines Ditib-Vereins vor Ort müsste gleichzeitig Mitglied der Zentrale sein, so wie ein evangelisches Gemeindemitglied eben Mitglied in der evangelischen Kirche ist. Aber was ist diese Zentrale? Ich meine: Ditib muss erst einmal unabhängig werden von seiner Zentrale in der Türkei. Denn derzeit hat jede politische Veränderung in der Türkei direkte Auswirkungen auf Ditib. Der Chef von Ditib in Deutschland ist ein türkischer Botschaftsrat, der alle paar Jahre ausgewechselt wird. Kann es wünschenswert sein, eine türkische Staatskirche in Deutschland als Körperschaft öffentlichen Rechts anzuerkennen?

Das Gespräch führte Gregor Taxacher.