Pläne für Moschee in Köln - Bau in Duisburg
Wer hat Angst vorm Minarett?
Stand: 03.05.2006, 17:25 Uhr
In Duisburg ist eine große Moschee im Bau und kaum jemand regt sich auf. In Köln wird eine große Moschee erst geplant. Aber hier läuft schon ein Informationsabend fast aus dem Ruder.
Von Gregor Taxacher
Dass es im Berufskolleg Köln-Ehrenfeld an diesem zweiten Maiabend um den Bau einer Moschee gehen soll, bemerkt man anfangs kaum: Vor dem Schulhof stehen Sympathisanten der rechtsgerichteten Partei "Pro Köln", ihr Geschäftsführer Manfred Rouhs ist ebenso da wie die Rats-Fraktionschefin Judith Wolter, außerdem mehrere Ratsmitglieder. Ein paar Meter weiter demonstriert der "antifaschistische Arbeitskreis" und wünscht sich auf einem Transparent den "rechten Müll" entsorgt. Auch in der Aula der Schule scheint die Moschee phasenweise Nebensache. Als die Leiterin des Stadtplanungsamtes, Anne Luise Müller, die fünf prämierten Architekturmodelle vorstellt, kommt sie kaum gegen den Lärm im Saal an. "Das interessiert hier nicht", ruft jemand.
Kein Muezzin soll rufen, ...
Was aber dann? Schließlich hat Bezirksbürgermeister Josef Wirges (SPD) zu einem Informationsabend über die künftige größte Moschee Kölns eingeladen. Ditib, der türkisch-islamische Moscheeverband, will sie auf seinem eigenen Gelände bauen, wo es bisher nur einen großen Gebetsraum gibt. Geplant ist nun eine repräsentative Moschee mit Kuppel und Minarett, groß genug für bis zu 2.000 Gläubige, dazu Veranstaltungsräume, Geschäfte und Dienstwohnungen und sogar ein türkisches Dampfbad. Ditib finanziert das Vorhaben selbst. Die Stadt Köln hat wegen der voraussichtlichen Höhe des Gebäudes ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans eingeleitet. Den 1. Platz im Architektenwettbewerb belegte das Büro des berühmten Kirchenbauers Gottfried Böhm, aber entschieden ist noch nichts. Eine Tiefgarage soll auch gebaut werden, die Zufahrtsstraße erweitert, um die Verkehrsbelastung zu reduzieren, - sogar unter das heutige Niveau, sagt der anwesende Gutachter. Auch dass es keinen Muezzin-Ruf vom Minarett aus geben wird, erklärt der Ditib-Generalsekretär Mehmet Yildirim.
... aber die Zwischenrufer rufen trotzdem
All das kann man an diesem Abend erfahren, wenn man denn will. Dominiert wird der Saal jedoch von denen, die vor allem Lärm machen wollen. Auf den "Pro Köln"-Flugblättern ist vom Ruf des Muezzin die Rede, und wenn das dementiert wird, ruft man eben "Lüge" oder skandiert "Wir sind das Volk". Als die Zahl der Muslime in Köln mit 120.000 angegeben wird und ein Zwischenrufer meint, das seien "hunderttausend zu viel", droht Bürgermeister Wirges mit Saalverweis. Die Polizei steht bereit, kommt aber nicht zum Einsatz. Immer wieder werden die Zwischenrufer vom Klatschen einer Mehrheit im Saal übertönt, die offensichtlich anders denkt. Auch sie ist, soweit erkennbar, überwiegend deutsch. Die späteren Nutznießer der Moschee sind unter den etwa 300 Anwesenden wenig vertreten.
Gibt es ein Akzeptanzproblem für die Moschee bei der Mehrheit der Anwohner? Der CDU-Ortsverbandsvorsitzende Jörg Uckermann verbreitet den Satz: "80 Prozent der Ehrenfelder sind dagegen." Auf die Frage, woher die Zahl stamme, antwortet er: "Das ist meine Behauptung". Man habe eben viele kritische Stimmen gehört. Josef Wirges ist ganz anderer Meinung: "Die Rechtsradikalen haben den Moscheebau als Thema ihrer Agitation entdeckt. Dabei geht es gar nicht um die Moschee, sondern wie immer um Hetze gegen Ausländer. Pro Köln wird zu Recht vom Verfassungsschutz beobachtet." Im Integrationsrat der Stadt Köln haben alle großen Ratsfraktionen für den Bau gestimmt, die CDU hat also ein internes Problem. Ob der Kölner Moscheestreit einer zwischen Stadtführung und Basis ist, bleibt an diesem Abend unklar, weil für ein Bild der öffentlichen Meinung eben diese Basis fehlt.
Bald Richtfest in Duisburg
Dass muslimische Gotteshäuser auch harmonischer zu Stande kommen können, zeigt derzeit Duisburg: Dort wird in Marxloh Deutschlands bisher größte Moschee gebaut. Obwohl auch hier Rechtsradikale Mobilisierungsversuche unternahmen, besteht an der Zustimmung der Basis kein Zweifel. Der Rohbau steht schon fast, im August soll Richtfest sein. Auch in Marxloh baut die Ditib. Aber weil der Stadtteil sozialer Brennpunkt mit "besonderem Erneuerungsbedarf" ist, finanziert hier auch der Staat mit: Über drei Millionen Euro aus EU- und Landesmitteln fließen nicht in die Moschee, sondern in ein ihr angeschlossenes interkulturelles Begegnungszentrum. "Das war von Anfang an das Konzept hier", sagt Leyla Özmal, Projektleiterin der Entwicklungsgesellschaft Duisburg: "Die Moschee wurde jahrelang als Stadtteilprojekt, von unten her entwickelt. Lange vor dem formellen Bauverfahren hat Ditib sich in das Viertel hinein geöffnet." In Marxloh wurde ein Beirat für das Projekt gegründet, dem Vertreter von Parteien, Kirchen und Bürgervereinen angehören. In dem Viertel mit einem Migratenanteil von über 30 Prozent sollte das muslimische Gotteshaus samt Begegnungszentrum zu einem gemeinsamen Anliegen werden. "Man muss die Menschen mitnehmen", sagt Özmal, und das sei in Marxloh so gut gelungen, dass auch Nichtmuslime im Viertel den Bau inzwischen als "ihre Moschee" ansähen - und das, obwohl er in einem weitaus traditionelleren osmanischen Stil gehalten ist als die modernen Kölner Entwürfe.
Verordnete Integration in Köln?
Aber in Köln sieht man das offenbar anders. "Wir kommen jetzt erst in die Phase der Kommunikation", sagt der Dialogbeauftragte von Ditib, Rafet Öztürk: "Schließlich musste es doch erst einmal die konkreten Pläne geben." Man sei erst am Anfang der Aufklärungsphase. Und außerdem habe man doch seit Jahren den Tag der offenen Moschee. Ob es eine Kölner Tradition ist, dass manche Dinge lange brauchen und außerdem erst von oben verordnet werden? Das jedenfalls legt der evangelische Superintendent Markus Zimmermann nahe, der auf dem Podium daran erinnert, dass auch Juden und evangelische Christen erst seit 200 Jahren in Köln Gottesdienst feiern dürften. "Und dafür musste erst Napoleon kommen."