Die Munitionsdose war wohl eigentlich für Minen gedacht. Aber der Düsseldorfer Filmamateur Toni Schütz bewahrte darin seinen persönlichen Schatz auf. Einen Stapel Filmrollen. Zu gerne hätte Neffe Gerd Schütz erfahren, was auf den Filmstreifen zu sehen ist, die er geerbt hatte. Aber für deren Format, 9,5 Millimeter Mittellochung, fand er keinen vernünftigen Projektor. Er konnte nur einzelne Bilder der Filme anschauen. Doch was er so in Ausschnitten zu sehen bekam, gab ihm Rätsel auf.
Reise in die Vergangenheit beginnt in Berlin
Erst als Rentner hatte er endlich die Zeit und Muße, sich um den privaten Filmschatz zu kümmern und nach einer Lösung zu suchen - für die einzelnen Bilder, die ihm zunächst relativ zusammenhangslos erschienen. Die fand er beim Team von WDR Digit, dem digitalen Archiv des analogen Alltags. Die Experten vermittelten ihm ein Kopierwerk in Berlin und machten sich mit ihm auf den Weg dorthin. Diese Reise in die Vergangenheit filmte ein Team der Hier und Heute-Redaktion. In Berlin wurden die alten Filmstreifen behutsam in ein Kopiergerät eingelegt, um die Aufnahmen zu digitalisieren. So wurden die Erinnerungen an den verstorbenen Onkel wieder lebendig, wenn auch in nur Schwarz-Weiß. Und die Bilder ergaben endlich Sinn: Sie passen in ihrer Abfolge genau zum Soldatenlied Lili Marleen. Onkel Toni hatte also ein Musikvideo gedreht.
Späße des Onkels wurden lebendig
Die Filme des jungen Onkels Toni geben aufschlussreiche Einblicke in eine vergangene Welt. Aus den alten Tanten werden plötzlich attraktive junge Frauen. Das im Krieg zerstörte Düsseldorf erstrahlt in altem Glanz und auch das komische Talent des Onkels erwacht zu neuem Leben. Als Kind liebten Gerd Schütz und seine Geschwister ihn für seine Späße. Und auch die hatte Onkel Toni gekonnt szenisch umgesetzt, wie die alten Filmstreifen offenbaren. Etwa wenn er mit einem Trick eine Flasche aus seinen Händen verschwinden lässt, während er daraus trinkt.
Suche nach Tonis Zeitzeugen
Gerne hätte Gerd Schütz auch mit denen gesprochen, die seinen Onkel noch erlebten. In seinen Filmen sind viele Menschen zu sehen, meist aber für ihn Unbekannte. Nur ein Film konnte Schütz helfen. Er entstand bei einem Besuch seines Onkels im kleinen Eifeldorf Bell. Der Rentner machte sich deshalb zusammen mit dem Kamerateam auf den Weg dorthin. Doch der Besuch endete ernüchternd. Niemand, der in den Szenen zu sehen war lebte noch. Umso wertvoller sind für Neffen Gerd Schütz nun die Bilder, die ihm der Onkel auf seinen Filmstreifen vermachte.