Vor dem Prozess-Auftakt gegen einen früheren SS-Wachmann des Konzentrationslagers Auschwitz am Donnerstag (11.02.2015) in Detmold hat es einen Tumult um die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck gegeben. "Frau Haverbeck hatte in der Warteschlange vor dem Verhandlungssaal gestanden", sagte Polizeisprecher Uwe Bauer am Donnerstag dem WDR. Währenddessen sei die 87-Jährige von anderen Wartenden erkannt worden. "Daraufhin kam es zu Schubsern und Stößen." Um die Situation zu entspannen, seien Beamte dazwischen gegangen. Anschließend habe Haverbeck mit einem Auto den Ort verlassen.
Die in rechtsextremen Kreisen populäre Haverbeck aus Vlotho in Ostwestfalen wurde zuletzt wegen Volksverhetzung in zwei Fällen zu zehn Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Sie hatte im April 2015 am Rande des Lüneburger Prozesses gegen den früheren SS-Mann Oskar Gröning vor Journalisten gesagt, das KZ Auschwitz sei kein Vernichtungs-, sondern ein Arbeitslager gewesen.
Großer Medienandrang zum Auftakt
Der Prozessbeginn wurde durch den Vorfall nicht gestört. Das Verfahren gegen den früheren SS-Wachmann im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz vor dem Detmolder Landgericht konnte pünktlich beginnen. Der Medienandrang war wie erwartet groß: Dutzende Journalisten aus dem In- und Ausland verfolgten den Prozessauftakt. Auch Auschwitz-Überlebende und Angehörige kamen zur Verhandlung in den Räumen der Industrie- und Handelskammer. Dorthin ist die Schwurgerichtskammer aus Platzgründen umgezogen.
Vorwurf: Beihilfe zum Mord in 170.000 Fällen
Dem 94-jährigen Reinhold Hanning aus Lage (Kreis Lippe) wird Beihilfe zum Mord in mindestens 170.000 Fällen vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft hat in mehreren Punkten Anklage erhoben: Reinhold Hanning soll zwischen Januar 1943 und Juni 1944 als Angehöriger des SS-Totenkopf-Sturmbanns Auschwitz für die Bewachung des Stammlagers zuständig gewesen sein. Auch ankommende Transporte soll er als SS-Unterscharführer bewacht haben. Allein zwischen Mai und Juli 1944 sind während der sogenannten Ungarn-Aktion hunderttausende ungarische Juden in Viehwaggons nach Auschwitz-Birkenau gebracht und an der Verladerampe "selektiert" worden.
Der Angeklagte hat bereits vor dem Prozess eingeräumt, im Stammlager eingesetzt gewesen zu sein. Eine Beteiligung an Tötungen von Menschen bestreitet er aber. Die Staatsanwaltschaft betont, mit seinem Einsatz als Wachmann habe er zum Funktionieren der Maschinerie beigetragen.