Regina Halmich 1995 bei Titelverteidigung in Köln gegen Petrina Phillips

Stichtag

27. November 1994 - Boxerin Regina Halmich gewinnt ersten EM-Titel

Als Regina Halmich das erste Mal in den Ring steigt, gilt Frauenboxen in der Öffentlichkeit noch als Kirmesattraktion. Vom deutschen Amateurverband verboten, gelten weibliche Kämpfe meist nur das sexy-amüsante Beiwerk im Vorprogramm "echter" Männer-Fights. Als Regina Halmich 13 Jahre später mit zwei WM-Titeln ihre Karriere beendet, hat sie ihren Sport quasi im Alleingang aus seinem Schattendasein herausgeboxt und in der Männer-Domäne etabliert.

Die 1976 geborene Karlsruherin entdeckt mit elf ihre Lust am Kampfsport. Sie beginnt mit Judo, wechselt zu Karate und landet 1990 beim Kickboxen. Regina gewinnt deutsche Meisterschaften, wird Europameisterin und verteidigt den Titel erfolgreich. Fünf Tage nach ihrem 18. Geburtstag erobert das blonde Fliegengewicht auch im Profi-Boxen seine erste Europameisterschaft.

In jeder Runde aufs Ganze

Regina Halmich absolviert damals eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsgehilfin und wäre lieber als Amateurin ins Boxen eingestiegen. Doch wie allen anderen Frauen verweigert ihr der Deutsche Amateurbox-Verband eine Lizenz. So unterschreibt sie, den Gehilfinnenbrief in der Tasche, 1994 einen Profivertrag beim Hamburger Universum Boxstall. Die Siegprämie nach ihrem ersten Kampf beträgt gerade einmal 1.000 DM. Nach vier weiteren Aufbaukämpfen, die Regina Halmich alle problemlos gewinnt, bietet ihr die Womens International Boxing Federation (WIBF) den Titel-Fight um die Europameisterschaft im Superfliegengewicht an.

In der Carl-Benz-Arena in Karlsruhe tritt die Lokalmatadorin am 27. November 1994 gegen Cheryll Robertson aus Großbritannien an. Die hübsche und nicht auf den Mund gefallene Deutsche genießt in Fachkreisen inzwischen den Ruf einer harten und angriffslustigen Boxerin, die in jeder Runde aufs Ganze geht. Ihr unbedingter Siegeswille lässt sie Gegentreffer und Schmerzen vergessen. Das bekommt auch die Britin Robertson zu spüren. Nach zehn Runden heißt die eindeutige Siegerin nach Punkten: Regina Halmich.

Medienpräsenz schlägt Ringerfolge

Im Sportfernsehen als gnadenlose "Box-Beauty" promotet, holt die Linksauslegerin auch den EM-Gürtel der höheren Fliegengewichtsklasse in ihre Titelsammlung. Ihren ersten WM-Fight 1995 in Las Vegas verliert Halmich noch durch technischen K.o. Zwei Monate später holt sie sich die Krone und wird Deutschlands erste Profi-Boxweltmeisterin. 1998 würdigt die WIBF die Erfolge der Karlsruherin: "Sie hat ihren Titel öfter verteidigt als alle anderen Weltmeisterinnen zusammen." Das Tempo behält sie bei: Bis zu ihrem Abschied gewinnt Regina Halmich 54 von 56 Kämpfen, davon 16 durch k.o.

Auch außerhalb des Rings macht die publicitybewusste Boxerin eine gute Figur. "Nützt ja nichts, wenn man in Sportkanälen bekannt ist. Man muss die breite Masse erreichen", erkennt Halmich, deren Kampfbörsen verglichen mit männlichen Boxern immer noch lächerlich niedrig sind. Deshalb lässt sie sich 2001 auf ein Duell mit "TV Total"-Moderator Stefan Raab ein, bricht der selbst ernannten "Killerplauze" die Nase und hat auf einen Schlag über sieben Millionen Zuschauer. Halmich-Kämpfe sind nun Quotenhits im bundesweiten Abendprogramm. Freizügige Fotos ihres durchtrainierten Körpers im "Playboy" steigern den Marktwert weiter. Als "Box-Oma mit den wenigsten Falten" (O-Ton Halmich) und einer unvergleichlichen Karrierebilanz sagt die Pionierin des Frauenboxens 2007 ihren Fans goodbye. Ein Comeback, das versichert Regina Halmich bis heute, kommt nicht in Frage.

Stand: 27.11.2014

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