Eigentlich sollte Barcelona schon 1936 Gastgeber der Olympischen Spiele sein. Doch dann bricht der spanische Bürgerkrieg aus und die Nazis nutzen ihre Chance, um die Spiele für ein monströses Propaganda-Spektakel nach Berlin zu holen. Erst 56 Jahre später gibt das Internationale Olympische Komitee (IOC) der Hauptstadt Kataloniens erneut den Zuschlag.
1992 ist die Sowjetunion Geschichte und der Kalte Krieg zu Ende. Erstmals nach langer Zeit boykottiert keine Nation die Spiele und Barcelona empfängt mit begeisternder Gastlichkeit das größte Athleten-Aufgebot, das je um olympisches Edelmetall gekämpft hat. Und zum ersten Mal seit 1964 läuft wieder eine gesamtdeutsche Mannschaft im Olympiastadion auf dem Montjuic-Berg ein.
Vier Medaillen für "Franzi"
Vor 65.000 Zuschauern erklärt Spaniens König Juan Carlos am 25. Juli 1992 die XXV. Sommerspiele der Neuzeit für eröffnet. Ein Bogenschütze jagt einen brennenden Pfeil über die Ränge hinweg in den nächtlichen Himmel und entflammt das olympische Feuer. Nicht nur die Leichtathletin Heike Henkel schwärmt noch heute von der besonderen Magie dieses Abends. "Wohl selten ist der Beginn des größten Sportfestes der Welt so großartig und aufregend zelebriert worden", jubelt die "Süddeutsche Zeitung".
Heike Henkel krönt ihre Karriere in Barcelona mit der Hochsprung-Goldmedaille – nur Minuten, nachdem Langstreckler Dieter Baumann überraschend den 5.000-Meter-Lauf gewonnen hat. Auch die Sportler aus der früheren DDR sorgen dafür, dass es Edelmetall für Deutschland hagelt. Das Küken der Mannschaft kommt aus Ost-Berlin und heißt Franziska van Almsick. Mit insgesamt vier Medaillen steigt die 14-jährige "Franzi" damals zum ersten Sportstar des vereinten Deutschland auf.
US-"Dream Team" auf Mission Gold
Auch einer, der schon alles gewonnen hat, erlebt goldene Gänsehaut-Momente in Barcelona. Boris Becker triumphiert mit Partner Michael Stich im olympischen Tennis-Doppelfinale über die Südafrikaner Ferreira/Norval. "Das kann man noch gar so richtig in Worte fassen, das ist ein unglaubliches Gefühl", beschreibt der Wimbledon-Held sein Glück, als die Goldmedaille an seiner Brust baumelt.
Allen Grund zur Freude haben auch die Olympiamacher. Sponsoren- und Fernsehgelder füllen die IOC-Kasse wie nie zuvor. Die Kommerzialisierung der Spiele erreicht in Barcelona einen neuen Höhepunkt. Bestes Beispiel dafür sind die werbewirksam inszenierten Auftritte der Profi-Basketballer aus den USA. Das "Dream Team" um die Superstars Michael Jordan, Larry Bird und Magic Johnson spielt die gesamte Konkurrenz an die Wand, holt wie erwartet Gold und sorgt weltweit für traumhafte Einschaltquoten.
Olympisches Fest ohne ETA-Terror
Nicht nur für den spanischen IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch sind die Olympischen Spiele in seiner Geburtsstadt die "schönsten Spiele aller Zeiten". Auch Deutschlands NOK-Chef Willi Daume kann höchst zufrieden sein: Im Medaillenspiegel belegt sein Aufgebot Rang drei hinter den Ex-Sowjetrepubliken und den USA. Mit 82 Medaillen, darunter allein 33 in Gold, sind die gesamtdeutschen Sportler so erfolgreich wie danach nie wieder. In Rio de Janeiro 2016 reicht es "nur" zu insgesamt 42 Podestplätzen.
Trotz aller Befürchtungen im Vorfeld geht das "gigantischste Sportspektakel aller Zeiten" (Frankfurter Allgemeine Zeitung) friedlich zu Ende. Keine Terrorattacken der baskischen ETA-Separatisten überschatten das olympische Fest. Zu den größten Gewinnern dürfen sich die Einwohner von Barcelona zählen. Denn für Olympia hat sich die traditionell vom Meer abgewandte Stadt neu erfunden. Wo vorher hässliche Industrieanlagen und Lagerhallen das Ufer verschandelten, bummeln nun Millionen von Touristen durch das moderne Hafenviertel oder aalen sich an kilometerlangen Sandstränden.
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