18. Juli 1323 - Thomas von Aquin wird heiliggesprochen

Thomas von Aquin versucht, Vernunft und Glaube zu kombinieren. Obwohl ihn - knapp 50 Jahre nach seinem Tod - fast niemand aus dem Kirchenvolk kennt, spricht der Papst den Dominikaner heilig.

Er vollbringt keine Wunder und stirbt nicht als Märtyrer, allenfalls mittelalterliche Gelehrte kennen knapp 50 Jahre nach seinem Tod noch seinen Namen. Und dennoch spricht Papst Johannes XXII. am 18. Juli 1323 den Dominikaner und Theologen Thomas von Aquin heilig.

Heiligsprechung des Thomas von Aquin: Der Kant des Mittelalters WDR ZeitZeichen 18.07.2023 14:53 Min. Verfügbar bis 18.07.2099 WDR 5

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Soweit wäre es vielleicht gar nicht gekommen, wenn sich Thomas’ Eltern durchgesetzt hätten. Sie möchten, dass er als junger Mann den altehrwürdigen Benediktinern beitritt - und nicht dem Bettelorden des Dominikus. Doch eben dort findet er das passende Umfeld für sein theologisches Wirken.

Der Orden der Dominikaner bekommt Mitte des 13. Jahrhunderts großen Auftrieb. Mit Hilfe der Armutsprediger möchte die Kirche gegen die aus ihrer Sicht fanatischen Katharer vorgehen. Diese Bewegung interpretiert die Bibel anders, von der Kirchenlehre abweichend. Ihr Feindbild ist das Establishment, der Prunk und Protz der Bischöfe. Sie wollen eine arme Kirche und schrecken selbst vor Attentaten nicht zurück.

Mit Argumenten gegen Ungläubige

Zunächst möchte Rom mit Bescheidenheit und Klugheit gegen die Katharer argumentieren, beides Tugenden der Dominikaner. Diese treten zwar auf wie die Katharer, nämlich in Armut. In ihren Predigten vertreten sie aber ein Gottesbild im Sinne der offiziellen Lehre. Allerdings funktioniert es am Ende nicht mit Argumenten und guten Worten allein. Die Inquisition löst das Katharer-Problem letztlich auf blutige Weise.

Entscheidend ist aber: Die Auseinandersetzung des Papstes mit den Abweichlern sichert den Dominikanern großen Einfluss in der Kirche. Sie streben trotzdem nicht in die Klöster, sondern steuern die Unis an - damals am liebsten Paris. Sie wollen nicht beten und arbeiten, sondern beten und forschen.

Genau das ist die Welt von Thomas von Aquin. Er wird bei den Dominikanern in Paris bald ebenso berühmt wie sein Lehrer Albertus Magnus. Beide werben darum, antikes Wissen zu verarbeiten, in die Lehre einzubeziehen und intensiv zu studieren. Sie möchten die Wissenschaft nicht totschweigen, so wie Rom es bisher macht.

Antike Wissenschaft trifft christlichen Glauben

Im Fokus steht dabei Aristoteles. Der ist in der Kirche zwar als Heide verpönt, doch dank der Übersetzungen der Muslime in Andalusien stehen die Werke des griechischen Universalgelehrten auch in Mitteleuropa zur Verfügung. Sie werden in intellektuellen Kreisen diskutiert, in Paris gehören sie bald zur Pflichtlektüre für Studenten. Thomas von Aquin gründet auf dem Fundament des antiken Philosophen seine eigene Lehre und Methodik: die Scholastik.

Thomas schreibt pro Jahr etwa 4.000 DIN-A4-Seiten wissenschaftlicher Texte. Berühmt sind vor allem seine Gottesbeweise, die er zwischen 1265 und 1273 verfasst. Noch heute sorgen die fünf Argumente, mit denen er die Existenz Gottes begründet, für theologische Diskussionen. Im Jahr 1879 erklärt Papst Leo XIII. die Lehren von Thomas von Aquin dann sogar zur offiziellen Philosophie der katholischen Kirche.

Autor des Hörfunkbeitrags: Wolfgang Meyer
Redaktion: Gesa Rünker​

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