"Ich möchte es haben, weil das in der Partitur steht! Die Musik ist so!", sagt Günter Wand bei einer Probe zu seinen Musikern. "Sie tun nicht mir einen Gefallen, sondern ich möchte, was da steht! Bitte!" Der Dirigent probt auch mit Spitzenorchestern akribisch, um absolute Werktreue zu erreichen. Statt der üblichen zwei Proben setzt er vor Konzerten fünf an.
"Komponistengläubig" sei er, sagt Wand in einem Interview. "Ich nehme das sehr ernst, was da vorgeschrieben ist." Als er in jungen Jahren gefragt wird, ob er Beethoven wie Toscanini oder wie Furtwängler dirigieren wolle, antwortet er: "wie Beethoven".
Nicht in der NSDAP
Geboren wird Günter Wand am 7. Januar 1912 in Elberfeld. Der Kaufmannssohn lernt Klavier und erlebt als Zwölfjähriger die Operette "Zigeunerbaron" mit dem Tenor Richard Tauber. Danach will Günter Wand Dirigent werden. Er studiert in Köln und München Klavier und Komposition.
Nach einer Anstellung als Korrepetitor an der Oper Wuppertal geht er 1934 als Kapellmeister nach Allenstein in die ostpreußische Provinz. Eine bessere Stelle habe er nicht bekommen, weil er nicht in die NSDAP eingetreten sei, sagt sein Biograf Wolfgang Seifert.
In Köln stationiert
1938 wird Wand Kapellmeister in Detmold, dann an der Kölner Oper. Nach einem Intermezzo am Salzburger Landestheater kommt er 1946 zurück nach Köln, wo er Generalmusikdirektor und Erster Kapellmeister des Gürzenich-Orchesters wird.
Er führt nicht nur Beethoven, Brahms und Mozart auf, sondern auch Kompositionen, die bei den Nazis geächtet waren: von seinem Lehrer Walter Braunfels, von Strawinsky, Hindemith, Bartók und Schönberg. Auch Werke des Avantgardisten Bernd Alois Zimmermann sind dabei.
Kein Selbst-Marketing
Wand tritt schon zu Beginn der 1950er-Jahre in Paris, London, Madrid und Stockholm auf. Doch Köln bleibt seine Basis. Erst 1974 beendet Wand den Vertrag beim Gürzenich-Orchester. Danach nimmt er mit dem WDR-Sinfonie-Orchester sämtliche Bruckner- und Schubert-Sinfonien auf. Sie gelten bis heute als Maßstab.
1982 wird Wand Chefdirigent des NDR-Sinfonieorchesters. Parallel dazu ist er Gastdirigent beim BBC-Orchestra. 1989 gibt er mit dem Chicago Symphony Orchestra sein USA-Debüt. Regelmäßig gastiert er bei den Berliner Philharmonikern.
Seine Platten verkaufen sich weltweit. Doch Selbst-Marketing interessiert Wand nicht. Er sorgt dafür, dass sein Name auf dem Umschlag klein gedruckt wird. Im Alter lebt Günter Wand im Schweizer Dörfchen Ulmiz. Dort stirbt er am 14. Februar 2002 mit 90 Jahren.
Autor des Hörfunkbeitrags: Christian Kosfeld
Redaktion: Hildegard Schulte
Programmtipps:
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 7. Januar 2022 an Günter Wand. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.
ZeitZeichen am 08.01.2022: Vor 55 Jahren: Die deutsche Sektion der Hilfsorganisation "Terre des Hommes" wird gegründet