14. Dezember 1077 - Todestag der römisch-deutschen Kaiserin Agnes von Poitou

Eine Frau an der Spitze Deutschlands - im Mittelalter kaum vorstellbar. Doch Agnes von Poitou regiert fünf Jahre, denn ihr Mann ist tot und ihr Sohn noch unmündig. Am 14. Dezember 1077 stirbt die einstige Kaiserin in Rom.

König Heinrich IV. ist erst elf Jahre alt, als der Kölner Erzbischof Anno ihn 1062 entführen lässt. Er will sich mehr Macht erpressen. Sein Plan scheint aufzugehen: Heinrichs Mutter Agnes, die bis zur Volljährigkeit die Regierungsgeschäfte leitet, schaut bei der Entführung tatenlos zu.

Sie trommelt auch keine Ritter zusammen, um ihren Sohn zu befreien. Im Gegenteil: Sie liefert sogar Krone, Schwert und Zepter an die Entführer aus. Ist sie eine unfähige Regentin? Lange Zeit ist das die Meinung vieler Historiker. Doch das Bild ändert sich.

Agnes von Poitu, römisch-deutsche Kaiserin (Todestag, 14.12.1077) WDR ZeitZeichen 14.12.2022 14:48 Min. Verfügbar bis 14.12.2099 WDR 5

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Zwischen Frömmigkeit und Politik

Agnes von Poitou stammt aus einer französischen Fürstenfamilie, die das Kloster Cluny gründet, eines der einflussreichsten religiösen Zentren im Mittelalter. Dort nimmt eine tiefgreifende Reform ihren Anfang: Die Kirche soll wieder unabhängiger und frommer werden, weg kommen von weltlicher Völlerei und Politik. Agnes ist Anhängerin dieser Bewegung.

Mit 18 Jahren heiratet sie den König und späteren deutschen Kaiser Heinrich III. mit dem sie durch das Land reist und aktiv mitregiert. Doch bald muss sie dies alleine tun, ihr Mann stirbt 1056. Der älteste Sohn Heinrich ist zwar als Nachfolger bestätigt, mit sechs Jahren aber noch zu jung. Agnes hat keine Freude an der großen Politik, doch für den kleinen Heinrich will sie die Stellung halten.

Wie Historiker heute wissen, gelingt ihr das zunächst gut: Agnes entschärft den Konflikt mit den aufständischen Sachsen und lässt den bayerischen Herzog für sich gegen die verfeindeten Ungarn kämpfen. Später bindet sie den ungarischen König durch die Heirat mit ihrer jüngsten Tochter Judith. Es sind friedliche Jahre im Reich, die sich die Regentin jedoch mit Zugeständnissen an Fürsten und Herzöge erkauft.

Die Macht wird zur Bürde

Die große Wende kommt mit der Wahl eines neuen Papstes 1061. Die Kirche strebt nach Unabhängigkeit von der weltlichen Macht und möchte ihr Oberhaupt selbst bestimmen. Persönlich unterstützt Agnes diese Reformbewegung, als Kaiserin hingegen muss sie darauf bestehen mitzuentscheiden. Sie stellt einen Gegenpapst auf, mit dem sie aber scheitert.

Von nun an plagen sie Schuldgefühle, beinahe eine Kirchenspaltung herbeigeführt zu haben. Als ihr zudem eine Affäre mit ihrem engsten Berater, Bischof Heinrich von Augsburg, nachgesagt wird, zieht sie sich vom Hof zurück. Auch um ihren Sohn kümmert sie sich kaum noch. Nach der Entführung übernimmt Anno von Köln diese Aufgabe, der sich damit auch zum Regenten macht.

Als ihr Sohn alt genug ist den Thron zu besteigen, geht Agnes nach Rom. Sie möchte künftig zwischen Kaisertum und Papsttum vermitteln - wird Beraterin des Pontifex. 1076 erreicht der Streit zwischen weltlicher und geistlicher Macht seinen Höhepunkt. Agnes muss zusehen, wie ihr Sohn und Kaiser vom Papst gebannt wird und am Ende in Canossa um Wiederaufnahme in die Kirche bitten muss. Sie selbst spielt dabei keine tragende Rolle mehr. Am 14. Dezember 1077 stirbt Agnes von Poitou im Alter von etwa 52 Jahren in Rom.

Autor des Hörfunkbeitrags: Heiner Wember
Redaktion: Gesa Rünker​

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