Am 20. Juni 1991 stehen viele Bonner auf dem Marktplatz ihrer Stadt und sehen auf einer großen Leinwand die Bundestagsdebatte um den künftigen Regierungssitz - am Ende betreten schweigend, denn die Entscheidung fällt, wenn auch knapp, für Berlin. Aber erst drei Jahre später erhält der Beschluss Gesetzeskraft. Am 10. März 1994 verabschiedet der Bundestag das Bonn-Berlin-Gesetz. Sein Kernsatz: Es soll eine "faire Arbeitsteilung" zwischen beiden Städten geben. Bis zur Jahrtausendwende ziehen Parlament und große Teile der Regierung an die Spree. In Bonn verbleiben acht Ministerien, die übrigen zehn müssen Zweitsitze am Rhein unterhalten. Außerdem sollen große Behörden wie das Bundeskartell- und Bundesversicherungsamt an den Rhein verlegt werden. Und neben 2,7 Milliarden Mark Ausgleichszahlungen gewinnt Bonn durch das Gesetz den Trosttitel "Bundesstadt".
In den Jahren danach setzt eine große Wanderung in beide Richtungen ein: Etwa 12.000 Arbeitsplätze werden von Bonn nach Berlin verlegt, aber auch 4.500 in umgekehrte Richtung. Der "Rutschbahneffekt" in die neue Hauptstadt zieht etwa 100 Verbände mit sich und sorgt für immer neuen Streit - zuletzt um das Bundeskriminalamt in Meckenheim. Dennoch geht es den Bonnern mit der neuen Rolle auch wirtschaftlich besser, als die meisten damals auf dem Marktplatz befürchteten. Die wöchentlichen "Donnerstags-Demonstrationen" trotziger Gegner des Gesetzes sind jedenfalls längst eingeschlafen.
Stand: 10.03.04
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