28. Mai 1953 - Normenerhöhung in der DDR

Stand: 28.05.2018, 00:00 Uhr

Am 28. Mai 1953 fasst der DDR-Ministerrat einen folgenreichen Beschluss: Die Arbeitsnormen werden um zehn Prozent erhöht – angeblich auf Wunsch der Arbeiterschaft. Gummiarbeiter, Maurer, Bergarbeiter – sie alle sollen für gleichen Lohn deutlich mehr Leistung erbringen.

DDR erhöht die Arbeitsnormen (am 28.05.1953) WDR Zeitzeichen 28.05.2018 14:21 Min. Verfügbar bis 25.05.2028 WDR 5

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Harter Kurs der SED-Regierung

Schon seit Sommer 1952 hat die SED unter Walter Ulbricht einen harten Kurs verfolgt. "Die innerdeutsche Grenze wird abgeriegelt, die Militarisierung schreitet voran, die Kollektivierung der Landwirtschaft wird vorangetrieben. Die Zahl der inhaftierten Personen explodiert, die so genannte Republikflucht nimmt dramatische Zahlen an", sagt Jens Schöne, Historiker und Beauftragter des Landes Berlin zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Walter Ulbricht ist ehrgeizig. Schon 1952 hat er verkündet, "dass der Sozialismus in der DDR planmäßig aufgebaut wird." Ab dem 30. Juni 1953 sollen die neuen Normen gelten, es ist Ulbrichts 60. Geburtstag.

Die Normenerhöhung ist eine Provokation

Doch die Arbeiter empfinden die Normenerhöhung als Provokation. Schließlich bestellen Stalins Nachfolger die obersten SED-Funktionäre nach Moskau. "Ihnen wird per Dekret befohlen, zentrale Teile ihrer Politik, die seit dem Sommer 1952 gelaufen ist, zurückzunehmen", erklärt Schöne.

Die SED gehorcht. "Das Politbüro des ZK der SED geht davon aus, dass seitens der SED und der Regierung der DDR in der Vergangenheit eine Reihe von Fehlern begangen wurden", heißt es in einem Kommuniqué vom 9. Juni 1953. So sollten nun Steuer- und Preiserhöhungen zurückgenommen werden, enteignete Handwerker und Händler die Rückgabe ihrer Geschäfte beantragen können.

Streikende Arbeiter ziehen durchs Land

Doch es ist zu spät. Am 17. Juni ziehen streikende Arbeiter durchs Land. Der Aufstand wird von der Sowjetarmee blutig niedergeschlagen.

34 Demonstranten und Zuschauer sterben beim Aufstand, weitere 21 Menschen im Umfeld des 17. Juni 1953. "Das reicht von Todesurteilen, die gefällt wurden, über standrechtliche Erschießungen, die von sowjetischen Truppen vorgenommen werden, ganz klar mit Ziel der Abschreckung, mindestens in einem Fall mit purer Willkür", sagt Jens Schöne.

Die kurze Phase der Selbstkritik der SED-Führung ist schnell vorüber.

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