Skispringer Helmut Recknagel bei der Vierschanzentournee in Innsbruck

1. Januar 1953 - Die erste Vierschanzentournee startet

Für viele Skispringer ist die Vierschanzentournee der Wettkampf des Jahres. Sie ist ein Mythos - der zu einer Zeit beginnt, in der die Sportler noch Baumwoll-Buxen und Pudelmützen tragen. Der Startschuss fällt am 1. Januar 1953.

Die Vierschanzentournee ist eine wahre Schnapsidee, denn sie kommt vier Männern von zwei Skiclubs in Innsbruck und Partenkirchen 1949 in einer Kneipe. Bei Kräuterlikör und Brezeln philosophieren sie über einen deutsch-österreichischen Wettbewerb für Skispringer - ausgetragen auf vier verschiedenen Schanzen.

Bald machen sich die Gründer auf die Suche nach weiteren Austragungsorten. Im österreichischen Bischofshofen ist man von der Idee schnell überzeugt und schließt sich Innsbruck und Garmisch-Partenkirchen an. Als zweiter deutscher Standort setzt sich Oberstdorf durch.

Einzige Tournee in einem Kalenderjahr

Weil deutsche Sportler nach dem Zweiten Weltkrieg aber vorerst nicht im Ausland antreten dürfen, dauert es knapp vier Jahre, ehe das Konzept aus der Gaststube Wirklichkeit wird. Die erste Vierschanzentournee beginnt am 1. Januar 1953 in Garmisch-Partenkirchen - damit ist sie die einzige Tournee in der Geschichte des Wettbewerbs, die in einem Kalenderjahr ausgetragen wird.

Die erste Vierschanzentournee (am 01.01.1953)

WDR Zeitzeichen 01.01.2023 14:28 Min. Verfügbar bis 01.01.2090 WDR 5


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Vor 20.000 begeisterten Zuschauern nehmen sechs Nationen am Tournee-Auftakt teil. Dazu gehören neben den besten deutschen und österreichischen Springern noch vier Schweden, fünf Slowenen, sowie je drei Springer aus Norwegen und der Schweiz. Erster Gesamtsieger der Veranstaltung ist der Österreicher Sepp Bradl. Bis mit Helmut Recknagel zum ersten Mal ein Deutscher die Tournee gewinnt, wird es noch fünf Jahre dauern.

Beflügelt vom großen Erfolg wird 1953 gleich die nächste Ausgabe geplant - mit einer wichtigen Änderung. So gilt bei der zweiten Vierschanzentournee erstmals der heute übliche Zeitplan mit dem Auftakt Ende Dezember in Oberstdorf. Binnen kürzester Zeit entwickelt sich die Vierschanzentournee zu einem legendären Skisprung-Wettbewerb. Für viele Sportler ist der Tourneesieg wertvoller als WM- oder Olympiagold.

ARD startet Tournee-Übertragung

Ein Erfolgsfaktor ist, dass sich die Organisatoren den Fortschritten anpassen: Schon 1956 zeigt die ARD erstmals das Neujahrsspringen und trägt damit wesentlich zur Popularität der Tournee bei. Ab 1960 sind dann auch die anderen Stationen live im Fernsehen zu sehen.

Die Erfolge von Martin Schmitt und Sven Hannawald machen um die Jahrtausendwende das Skispringen zeitweise zu einer der populärsten Zuschauersportarten in Deutschland - mit fantastischen TV-Quoten und einem gewaltigen Fan-Aufkommen. Hannawald ist es auch, dem 2001/02 als erster Skispringer der Geschichte der sogenannte "Grand Slam", also der Sieg in allen vier Einzelwettbewerben der Tournee, gelingt.

Rekordgewinner und deutsch-deutsches Märchen

Aber das ist längst nicht das einzige Tournee-Märchen. Da wäre noch der Finne Janne Ahonen, der den Rekord von fünf Gesamtsiegen hält. Oder Jens Weißflog, der sowohl für die DDR als auch die BRD je zwei Titel bei der Tournee gewinnt. Kurios ist auch, dass insgesamt acht Skispringer den Gesamtsieg holen, ohne zuvor auch nur ein Einzelspringen gewonnen zu haben.

Bei der Vierschanzentournee ist einfach nichts unmöglich. Von so einer einmaligen Erfolgsgeschichte hat 1949 in der Kneipe wohl keiner zu träumen gewagt.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Luise Kropff
Redaktion: Gesa Rünker​

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