Alhambra-Monument in Granada

1. April 1992 - Der spanische König widerruft das Alhambra-Edikt

Stand: 01.04.2022, 06:00 Uhr

Die Kultur der Sepharden, der spanischen Juden, hat die Geschichte Europas und die des Judentums wesentlich geprägt. Überschattet wird sie von einer großen existenziellen Katastrophe.

Schon in der Antike kommen Menschen jüdischen Glaubens ins heutige Spanien. Mit der arabischen Eroberung der iberischen Halbinsel ab 711 nach Christus wird das Land ein Anziehungspunkt für Juden, die anderswo diskriminiert werden. Doch gleichzeitig schreitet auch die christliche Reconquista voran, die Wiedereroberung Spaniens von Norden.

Das Herrscherpaar Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon eint 1476 das christliche Spanien - und beginnt den Feldzug gegen die letzte Mauren-Bastion, weitgehend finanziert von jüdischen Geschäftsleuten. Denn längst haben jüdische Finanziers, Berater, Diplomaten oder Dolmetscher wichtige Funktionen am Hof, sehr zum Ärger des niederen christlichen Klerus'.

Spanien widerruft das Alhambra-Edikt (am 01.04.1992)

WDR Zeitzeichen 01.04.2022 14:49 Min. Verfügbar bis 01.04.2099 WDR 5


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Christliche Fanatiker im Siegestaumel

Das Jahr 1492 markiert den entscheidenden Wendepunkt der spanischen Geschichte. Am 2. Januar fällt das letzte maurische Emirat in Granada. Die Machtübergabe wird im berühmten Alhambra-Palast besiegelt. Der Siegestaumel gibt den christlichen Fanatikern im ganzen Land Auftrieb. Der Druck der Fanatiker auf das Herrscherpaar wächst, endlich auch das von ihnen so genannte "Judenproblem" zu lösen. Am 31. März 1492 erlassen Isabella und Ferdinand das "Alhambra-Edikt". Demnach müssen alle Jüdinnen und Juden das Land bis Ende Juli verlassen haben. "Wer von ihnen nach diesem Tag noch in unseren Ländern angetroffen wird, wird mit dem Tode bestraft und all sein Besitz eingezogen", heißt es in dem Edikt.

Isabella und Ferdinand hoffen darauf, dass die meisten Sepharden, die spanischen Juden, unter diesem Druck nun doch zum Christentum übertreten. Doch dafür entscheidet sich nur ein Drittel der Betroffenen. Die Mehrheit wählt das Exil.

Verheerende Folgen für Spanien

Damit sind nicht nur für die Vertriebenen, sondern auch für Spanien selbst die Konsequenzen des Edikts verheerend. Denn es geht ein großer Teil der Gebildeten, Weltoffenen. Mindestens 100.000 "Conversos", die unter Druck Christen geworden sind, bleiben zwar im Land, werden aber von ihren altkatholischen Mitbürgern als "marranos" (Schweine) gedemütigt. Tausende fallen später der Inquisition zum Opfer.

Die geflohenen Juden verhelfen währenddessen ihren Exilländern zum Aufstieg. Buchdruck, Waffentechnik, Medizin - fast überall bringen die Sepharden wichtigen Fortschritt. Sie sind auch federführend bei der Besiedelung von Neu-Amsterdam beteiligt, dem späteren New York.

Juan Carlos: "Akt der Barbarei"

In Spanien selbst gilt das "Alhambra-Edikt" 500 Jahre lang formal weiter - bis es am 1. April 1992 von König Juan Carlos aufgehoben wird. Erstmals nennt ein offizieller Vertreter des spanischen Staates die Vertreibung das, was sie war: ein "Akt der Barbarei". Im Jahr 2015 beschließt das spanische Parlament einstimmig ein Gesetz, das den Sepharden die Rückkehr und den spanischen Pass anbietet.

Autor des Hörfunkbeitrags: Thomas Pfaff
Redaktion: Gesa Rünker

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