Erlebte Geschichten (12.12.2023)
Schwester Song Nghiem: Die Schwester der Großzügigkeit vom buddhistischen Kloster EIAB Waldbröl
Stand: 30.11.2023, 15:59 Uhr
"Ich habe nie bereut Nonne zu sein", sagt Song Nghiem. "Ich bereue nur, dass ich erst mit 50 Jahren in ein Kloster eingetreten bin."
Von Heike Braun
Nach ihrem Abitur in Vietnam schickte ihr Vater sie zum Studieren nach Deutschland. Die USA hielt er für zu freizügig, Frankreich den Kommunisten zu sehr zugetan. Darum fiel seine Wahl auf Deutschland. Song Nghiem, die übersetzt "Großzügigkeit" heißt, promovierte in Chemie an der TU Darmstadt. Insgesamt arbeitete sie fast 18 Jahre als Chemikerin in Forschung und Wirtschaft im München. Sie ist geschätzte 1 Meter 50 groß, unentwegt in Bewegung und immer bemüht dafür zu sorgen, dass sich alle, ob Mitschwestern und -brüder oder Besucher im buddhistischen Kloster wohl fühlen.
Schwester Song Nghiem wollte nach dem Studium eigentlich zurück nach Vietnam gehen. Aber nach der Teilung ihres Landes entschied sie sich, eine Stellung in der Forschung in München anzunehmen, in Deutschland zu promovieren und zu bleiben. Nach knapp 18 Jahren erfolgreicher Forschung und Arbeit in Deutschland stellte sie sich plötzlich die Frage: "War das alles? Ist da nicht mehr?" Sie fand, da muss noch etwas anderes für sie sein und trat ins Kloster in Plumvillage in Frankreich ein. Später wechselte sie ins Europäische Institut für angewandten Buddhismus nach Waldbröl, kurz ins EIAB.
2003 wurde sie zur Dharmalehrerin ernannt und ein Jahr später als Nonne ordiniert. Ihr Chef im Münchner Forschungsinstitut war damals eigentlich überzeugt: "Das hält sie keine zwei Jahre durch. Spätestens in zwei Jahren kommt sie zurück". Der Institutsleiter hat ihre Stellung nie vergeben. Aber Song Nghiem kam nicht zurück. Sie hatte ihren Weg gefunden. "Ich habe nie bereut Nonne zu sein", sagt sie. "Ich bereue nur, dass ich erst mit 50 Jahren in ein Kloster eingetreten bin."
Redaktion: Matti Hesse