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Phill Niblock

Leftfield wachsen Beeren. Neues aus abenteuerlichen Gefilden

Phill Niblock war Multimediakünstler und einer der Pioniere des Drone im sogenannten Westen. Anfang Januar ist er im Alter von 90 Jahren gestorben. Das Label Unsounds veröffentlicht jetzt die Aufnahme eine seiner jüngsten Kompositionen: „Biliana“.

„Spielen Sie meine Musik sehr laut ab. Wenn sich die Nachbarn nicht beschweren, ist sie wahrscheinlich nicht laut genug.” Das ist wohl eine der, wenn nicht gar DIE meist zitierte Aussage von Phill Niblock. Niblock war Multimediakünstler, der seinen minimalistischen und avantgardistischen Ausdruck in Fotografie, Film und Sound gefunden hat. Parallel dazu war er seit 1985 Direktor von Experimental Intermedia, einer Stiftung für Avantgarde-Musik, die u.a. Konzerte und Events in seinem legendären Loft in Chinatown, NYC, veranstaltet hat, in dem er 54 Jahre arbeitete und wohnte.

Ende der 50er kam Niblock aus Indiana nach New York City, wo er kurze Zeit später begann, vor allem Jazz Musiker, aber auch charismatische Persönlichkeiten aus der New Yorker Avantgardeszene wie Yoko Ono und John Cage zu fotografieren. Seine Begeisterung für die Tänzer und Choreografinnen des Judson Church Theater brachte ihn zum Bewegtbildmedium Film. In den späten 60ern drehte er vermittelt durch einen Fotografen-Kollegen eine Dokumentation über Sun Ra und sein Arkestra. Gut zwanzig Jahre später eine weitere über Arthur Russell.

Sein wohl bekanntestes Filmprojekt war aber das Langzeitprojekt „The Movement of People Working“, für das er zwischen 1973 und 1992 erst auf 16mm Farbfilm, später mit Video- und Digitaltechnik in Peru, Mexiko, Ungarn, Hongkong, Brasilien, Lesotho, Portugal, China und Japan, auf Sumatra und in der Arktis gedreht hat. Die dabei entstandenen Filme zeigen arbeitende Menschen, allerdings ohne es dabei auf die Beobachtung des Fortschritts und der Vollendung ihrer Arbeit, sondern vielmehr auf die Vertiefung in ihre Bewegungen abgesehen zu haben. Die äußerst minimalistisch gedrehten und geschnittenen Einzelfilme präsentierte Niblock bei vielen seiner Konzerte simultan auf mehreren Leinwänden. Parallel zum musikalischen Ereignis, aber unabhängig. In Deutschland zuletzt im Herbst 2023 in Berlin, aus Anlass seines 90. Geburtstags.

Was seine musikalische Entwicklung angeht hatte Phill Niblock zu Beginn insbesondere in den lang anhaltenden Tönen in Werken von Morton Feldman Inspiration gefunden: Keine melodische Struktur, kein harmonischer Fortschritt, kein Rhythmus. 1968 dachte er dann nach eigener Aussage nicht viel länger als fünf Minuten darüber nach, wie er selbst Musik machen kann. Und was er NICHT machen kann. Er hatte zwar in seinen Teens kurze Zeit Klavierstunden, sagte aber bis zuletzt, dass er nicht viel von Musiktheorie verstehe. Er könne kaum ein C von einem A unterscheiden. Sein erstes Stück komponierte er Ende 1968. Das Konzept, das aus seinen Überlegungen hervorgegangen war und das er auf dieses Stück angewendet hat, verfeinerte und perfektionierte er bis zuletzt. Damit wurde er zu einem der Pioniere des Drone im sogenannten Westen, wurde bekannt für seinen immersiven minimalistischen Sound, mit dem er Räume füllte und in dessen (musikalischem) Innenraum die Möglichkeit der Wahrnehmung kleiner und kleinster Klangbewegungen eine zentrale Rolle spielen.

Einen Monat nach der Nachricht über seinen Tod veröffentlicht jetzt das Label Unsounds auf „For Daniel“ Einspielungen einiger seiner jüngsten Kompositionen. Unter anderem „Biliana“ - eine Komposition für Violine und Stimme, die er für die Violinistin Biliana Voutchkova geschrieben hatte.

Neben „Four Daniel“ präsentiert Ilka Geyer u.a. noch zwei neue Alben mit Gitarrist Mike Cooper: „Soprano“, die Mike Cooper + X - Joint Venture - Hommage an den Sopransaxophonisten Lol Coxhill und „Aquapelagos Vol. 2“ - eine Zusammenarbeit mit dem Musikmaschinenwizard Pierre Bastien im Auftrag des Keroxen Festivals.

Leftfield wachsen Beeren. Neues aus abenteuerlichen Gefilden

WDR 3 open: Multitrack 01.02.2024 58:14 Min. Verfügbar bis 31.01.2025 WDR 3


Koko Monteti | 4:05
Mike Cooper & Elliott Sharp

Liliana | 21:37
Biliana Voutchkova

Dings | 6:56
Mike Cooper & Max Nagl

Return To Chagos | 9:58
Pierre Bastien & Mike Cooper

Guyu (Fish) | 3:05
Yirinda

Yunma (Sleep) | 3:43
Yirinda

Moderation: Ilka Geyer
Redaktion: Markus Heuger