"Das Naturhorn war neben Violoncell und Klavier das Hauptinstrument des Knaben Johannes." Dieser Satz aus Max Kalbecks berühmter Brahms-Biografie, zu Anfang des letzten Jahrhunderts geschrieben, lässt aufhorchen. Nicht nur, weil hier klar wird, dass der Komponist schon in jungen Jahren drei charakterlich ganz unterschiedliche Instrumente spielen konnte. Brahms griff auf Horn, Klavier und ein Streichinstrument auch später wieder zurück, als er im Jahr 1865 – als 32-Jähriger – eines seiner bedeutendsten Kammermusikstücke komponierte: Das Trio für Horn, Violine und Klavier. Heute ist das Werk ein Juwel im Repertoire und für jeden Hornisten ein Paradestück.
Brahms' Rückbesinnung auf so vertraute Instrumente hatte einen besonderen Grund: Sein Horntrio ist komponierte Erinnerung, ein musikalisches Requiem. Im Februar des Jahres 1865 starb Brahms' Mutter – ein Ereignis, das nicht nur in der "musikalischen Trauerarbeit" des Horntrios seinen Nachhall fand, sondern auch im 1866 komponierten "Deutschen Requiem".
Das Horntrio wurde am 28. November 1865 in Zürich uraufgeführt – der Komponist saß selbst am Klavier. Es ist ein Werk, das die üblichen Erwartungen nicht erfüllt. Der erste Satz ist kein geschäftiges Allegro, sondern ein nachdenkliches Rondo. Das Scherzo lebt vom Gegensatz aus Beschleunigung und Verlangsamung, im Zentrum steht ein melancholisches Wiegenlied. All das läuft hinaus auf das Herzstück, das "trauervolle Adagio" ("Adagio mesto"). Erst im temperamentvollen "Jagd"-Finale, das von Hornrufen durchzogen ist, scheint die Requiem-Stimmung beinahe verflogen.
Damals schrieb Brahms ausdrücklich jenes Instrument vor, das ihn in seiner Kindheit entscheidend prägte: Das Naturhorn (von Brahms "Waldhorn" genannt). Schon damals spielte man jedoch das Trio auch auf dem modernen Instrument mit Ventilen. Zum Horn generell hatte Brahms ein besonders intensives Verhältnis: 1883 zählte er zu den Gründern des "Wiener Waldhornvereins", der ältesten Hornistenvereinigung weltweit.
"Mit dem Horntrio von Brahms bin ich schon in ganz jungen Jahren in Kontakt gekommen", sagt Felix Klieser. Die Beschäftigung mit dem Stück setzte sich dann vor allem während des Studiums fort. "Sämtliche Möglichkeiten, die das Horn hat, werden hier ausgenutzt."
Gemeinsam mit anderen Werken hat Klieser das Horntrio auf seiner dritten CD eingespielt. Musikalisch unterstützt wurde er dabei von Pianist Herbert Schuch und dem Geiger Andrej Bielow. In seiner Werkbetrachtung macht Felix Klieser deutlich, welche Fallstricke Brahms für die Musiker bereithält – und wie stark die Emotionen sind, die in diesem Meisterwerk zum Ausdruck kommen.
Eine Collage von Markus Bruderreck
Redaktion: Eva Küllmer
CD-Tipp
Horntrios
Felix Klieser (Horn)
Herbert Schuch (Klavier)
Andrej Bielow (Violine)
Label: Berlin Classics
Bestellnummer: 0300931BC