WDR 3 Werkbetrachtung: Ludwig van Beethovens "Tripelkonzert"
Ludwig van Beethovens Tripelkonzert in C-Dur, op. 56 sei eigentlich ein verstecktes Cellokonzert, sagt der Cellist Jan Vogler, und beschreibt anschaulich, wie sein Instrument mühelos und mutig in den höchsten Höhen singt und im Trio mit Geige und Klavier die Hauptrolle spielt.
Mit Witz und revolutionärem Geist hat Ludwig van Beethoven in seinem Konzert für Klavier, Violine und Violoncello und Orchester in C-Dur ungewöhnliche Entscheidungen getroffen. Der erste Satz ist mit über 17 Minuten unerwartet lang, der langsame zweite dafür mit nicht einmal 5 Minuten erstaunlich kurz. Der dritte Satz bringt ein spritziges, volksliedhaftes Rondo alla Polacca - "auf polnische Art". Damit verschieben sich die musikalischen Traditionen eines Konzertes. Das Orchester ist nur zu Beginn dominant und gibt dann die Bühne frei für das Solistentrio. Das große Orchester liefert farbige Hintergrundtupfer.
Dem Violoncello schreibt Beethoven eine besondere Rolle zu: es übernimmt die Führung im Solistentrio, stellt die meisten Themen vor und steigt in wahren Drahtseilakten in ungeahnte Höhen auf. Doch je anspruchsvoller und virtuoser der Cellist spielen muss, desto leichter und spielerischer sind die Melodien zu singen. Jan Vogler vergleicht seinen Part gerne mit dem Gesang eines Heldentenors. Der kurze langsame Satz zum Beispiel ist eine einzige Cello-Arie. Viele sehen daher im Tripelkonzert das Cellokonzert, das Beethoven nie geschrieben hat.
Entstanden ist das "Tripelkonzert" Anfang des 19. Jahrhunderts parallel zur 3. und 5. Sinfonie. Vermutlich hat Beethoven bestimmte Musiker im Sinn gehabt: sich selbst am Klavier, den Geiger Carl August Seidler und den berühmten Cello-Virtuosen Anton Kraft. Doch seit der Uraufführung 1808 wurde das Werk lange Zeit kaum gespielt. Noch in unserer Zeit gibt es kritische Stimmen zu Schwächen in der motivisch-thematischen Arbeit.
Neue Aufmerksamkeit brachte 1969 eine Aufnahme mit Herbert von Karajan und den Berliner Philharmonikern. Die Solisten waren der Geiger David Oistrach, der Cellist Mstislaw Rostropowitsch und der Pianist Swjatoslaw Richter. Rostropowitsch schreibt in seinen Erinnerungen dazu: "Ich habe versucht, Beethoven zu spielen, David hat geglaubt, er spielt Beethoven, Swjatoslaw spielte wie immer nur sich selbst und Karajan glaubte, er ist Beethoven." Die Spannungen und Differenzen unter den beteiligten Musikern werden bis heute oft und gerne zitiert. Dennoch gilt gerade diese Aufnahme als besonders fesselnd - auch für Jan Vogler.
Eine Mischung aus Humor und Disziplin bringt das Tripelkonzert zum Erfolg. Idealerweise kennen sich die drei Solisten so gut, dass sie ihre Themen frei und phantasievoll ausspielen und gleichzeitig eng zusammenhalten, um die Musik weiter voranzutreiben. Die Zuhörer dürfen den roten Faden nicht verlieren, meint Jan Vogler. Mit dem amerikanischen Geiger Colin Jacobsen und dem finnischen Pianisten Antti Siirala musiziert der Cellist regelmäßig - vor allem bei seinem Kammermusikfestival in Moritzburg.
"Wir kennen uns sehr gut, haben eine gemeinsame Linie stilistisch.", so Jan Vogler, "Das Orchester 'The Knights' ist eine Mischung aus einem modernen Orchester und einem Aufführungspraxis-Orchester. Wir haben viele Tourneen zusammen gemacht. Wir haben uns oft auch einfach getroffen, um Kammermusik zu spielen. Es ist wirklich ein Freundesorchester. Und wir haben das Tripelkonzert aufgenommen in New York, ganz entspannt mit einem Konzert vorher und sehr viel Spaß und sehr viel Lachen im Studio."
Aus der Sicht eines begeisterten Cellisten, der mit Freunden zusammen musiziert, erläutert Jan Vogler die Erfolgsgeheimnisse des Tripelkonzertes op. 56 von Ludwig van Beethoven. Denn wenn es wirklich gut gespielt ist, meint Vogler, verliebt sich das Publikum sofort in dieses Werk.
Eine Collage von Antonia Ronnewinkel
Redaktion: Eva Küllmer
CD-Tipp
Beethoven: Tripelkonzert op. 56
Jan Vogler (Cello), Antti Siirala,
Colin Jacobsen, Eric Jacobsens
Label: Sony
Bestellnummer: 88725471762