Einer Tasse guten, frisch gebrühten Kaffee, kann kaum jemand widerstehen. Erst recht nicht, wenn selbst die Tasse aus Kaffee gemacht ist – genauer, aus Kaffeesatz. Julian Lechner, Berliner Jungunternehmer, Erfinder und Gestalter, ist 2009 auf die Idee gekommen, aus der braunen Masse, die alle wegwerfen, etwas Sinnvolles zu machen: "In erster Linie, weil ich starker Kaffeetrinker bin und in Italien studiert habe und dort besonders viele Espresso täglich getrunken habe und mich irgendwann gefragt habe, was eigentlich mit dem ganzen Kaffeesatz passiert. Viele Leute im Haushalt benutzen ihn schon als Dünger, aber wenn man sich die ganzen Cafés und Bars vor Augen hält, die haben dafür eigentlich keine Zeit und Verwendung und schmeißen ihn weg."
Langer Weg von der Idee zum fertigen Objekt
Es hat einige Zeit gebraucht, bis aus einer wagen Idee ein handfestes Objekt wurde – nämlich eine klassische kleine Tasse mit Untertasse. Sie ist dunkelbraun und duftet leicht nach Kaffee. Der Erfinder Julian Lechner erzählt, wie der Produktionsprozess ablief: "Wir haben uns fast drei Jahre damit beschäftigt, diese bröselige Kaffeemasse irgendwie fest zu bekommen und hatten dann Kontakt zu Biochemikern und verschiedenen Experten, mit denen wir dann einen Prozess entwickelt haben, in dem der Kaffee getrocknet und dann eben mit Holzresten, Cellulose, Biopolymeren verhärtet wird. Das ist vergleichbar mit einem pflanzlichen Kunststoff und für den täglichen Einsatz benutzbar."
Der Kaffeesatz ist gerade in urbanen Räumen ein großes Thema, sagt die Berliner Trendforscherin Diana Drewes: "Das ist die 'Indianermentalität', den ganzen Büffel zu verwerten (...)."
Lampen auf Kaffeesatz
Der spanische Design-Star Raúl Laurí hat von einigen Jahren mit seinen duftenden Leuchten aus Kaffeesatz international für Aufsehen gesorgt. Heutzutage können aber selbst Gartenwege nach Kaffee riechen – australische Forscher haben einen Bodenbelag entwickelt, der zu 70 Prozent aus Kaffeesatz besteht und als Straßenfundament dienen kann. Die geruchsneutralisierenden Eigenschaften von Kaffeesatz weiß man in Taiwan für die Textilherstellung zu nutzen. In London floriert gerade ein Projekt, das Büros mit Kaffee beliefert und den Kaffeesatz wieder einsammelt, um daraus dann Möbel zu machen: Stühle und Tische, die zu 60 Prozent aus Kaffeesatz bestehen. Die meisten Projekte stecken noch in den Kinderschuhen oder sind noch nicht reif für eine Massenproduktion. Ganz anders die Kaffeesatz-Tassen aus Berlin.
Tausendsassa Kaffeesatz
"Die Tassen können in der Geschirrspülmaschine verwendet werden und wir haben auch schon einige erfolgreiche Gastronomen beliefert, die sie täglich waschen und eigentlich ganz zufrieden sind, weil die eben auch sehr bruchsicher sind. Also die Tassen bestehen Stürze aus Tischhöhe, so 80 Zentimeter. Aber auch höhere Fallhöhen wären kein Problem, die springen dann so ähnlich wie man das von Holzgefäßen kennt", erzählt Julian Lechner. Lechner hat schon eine neue Idee entwickelt: Er möchte die Biomülltonnen in Berlin aus Kaffeesatz herstellen. Der Kaffeesatz scheint ein Tausendsassa der Wiederverwertung zu sein oder zumindest zu werden.