"Sehnsucht, Sehnsucht, unstillbares, ewig neu sich gebärendes Verlangen" – was Richard Wagner auf seine Oper "Tristan und Isolde" gemünzt hat, trifft auch auf ihn privat zu: Das Leben mit seiner ersten Frau Minna war für ihn keine Erfüllung. Und so vermisste Wagner noch im Alter von 50 Jahren die häusliche Zufluchtsstätte, die ihm Kraft für sein künstlerisches Ringen spenden sollte. Erst in Cosima, der Gattin seines Freundes Hans von Bülow, erkannte Wagner in den frühen 1860er Jahren die Frau seines potentiellen Lebensglücks. Doch bis zu beider Vereinigung musste Wagner noch ein paar Jahre der Sehnsucht überstehen, in denen die Auserkorene ein Doppelleben als Bülows Frau und seine Geliebte führte. Vater ihrer 1865 geborenen Tochter Isolde war vermutlich nicht Bülow, sondern Wagner. Als sie 1867 schließlich eine weitere Tochter, Eva, erwartete, machten sie und Wagner endlich "reinen Tisch". Bülow willigte in die Scheidung ein, und so gingen Richard und Cosima Wagner am 25. August 1870 den heiligen Bund der Ehe ein.
Der zweite Schlüssel zu Wagners Lebensglück war ein idyllisches Domizil vor den Toren Luzerns: Haus Tribschen auf einer Landzunge im Vierwaldstättersee. Hier mietete er sich im April 1866 ein – oder genauer gesagt: übernahm für ihn der Bayerische König Ludwig II. den Mietzins. Mit der Hochzeit war dann das "ewig neu sich gebärende Verlangen" endgültig gestillt, und in seiner überbordenden Freude machte Wagner seiner Frau eines der schönsten Geburtstagsgeschenke ihres (und auch seines) Lebens. Heimlich komponierte er vier Wochen lang an einem kammerorchestralen Ständchen, damals noch unter dem Titel "Tribschener Idyll mit Fidi-Vogelgesang und Orange-Sonnenaufgang". Fidi – das war der mittlerweile ebenfalls geborene Sohn Siegfried, benannt nach dem gleichnamigen Helden aus dem Bühnenfestspiel "Der Ring des Nibelungen". Tatsächlich komponierte Wagner zur selben Zeit an der dritten Oper der Tetralogie mit dem Titel "Siegfried". Das friedlich-idyllische Hauptthema des "Siegfried-Idylls" entnahm der Komponist dem Schlussteil des dritten Aktes: verklanglichtes Lebensglück.