Biergärten offen und Schulen dicht - ist das fair?

Stand: 20.05.2021, 17:16 Uhr

Auch wenn es um zwei sehr verschiedene Bereiche geht - viele finden des ungerecht, dass Biergärten wieder öffnen dürfen, Schulen aber nicht. Einige Fakten zur Diskussion.

Lockerungen von Corona-Schutzmaßnahmen sind nicht nur Erleichterungen für Betroffene. Es sind stets auch Symbole, die weit über eine Branche hinaus wirken. Zwei besonders emotional besetzte Bereiche sind Gastronomie und Schule.

Auf der einen Seite der Inbegriff langersehnter Lebensfreude, Leichtigkeit und Genuss. Und auf der anderen Seite der wichtigste Ort für Lernen, Chancengleichheit und Sozialkontakte. Kein Wunder also, dass Menschen es als ungerecht empfinden, wenn vielerorts Bier wieder im Ausschank ist, Bildung aber nicht.

Ist das gerecht?

Das ist sehr schwer zu sagen. Denn das Gefühl der Ungerechtigkeit entsteht ja in diesem Fall, weil mit dem Freizeitangebot Gastronomie und Schule zwei exponierte Lebensbereiche zusammen gedacht werden, die grundverschiedener nicht sein können.

Das sieht man schon an der Tragweite der Öffnungs-Entscheidung: Es gibt eine Schulpflicht, aber keine Biergartenpflicht. Wenn die Außengastronomie öffnet, dann bleibt es immer noch eine individuelle Risikoabwägung, ob man das Angebot annimmt oder nicht.

Wenn Schulen hingegen zum Präsenzunterricht übergehen, dann ist das für alle verpflichtend. Die Hürde, Schulen für den Regelbetrieb zu öffnen, liegt deutlich höher, die Verantwortung ist ungleich größer.

Wie sieht der Infektionsschutz aus?

Auch wenn vereinzelte Kommunen mit sehr niedriger Sieben-Tage-Inzidenz wie Münster bereits die Bewirtung in Innenräumen erlauben - wir reden im Großen und Ganzen über den Unterschied zwischen Treffen im Außenbereich und in Innenräumen.

Aus epidemiologischer Sicht ein großer Unterschied - denn das Infektionsrisiko ist an der frischen Luft deutlich geringer. Zudem greift in der Gastronomie als wichtigster Schutz: Besuche sind nur möglich für Geimpfte, Genesene und Getestete.

In Schulen hingegen sind Impfungen nur für die Lehrkräfte und weiteren Mitarbeitenden in den Schulen eine Option, nicht jedoch für die meisten Schülerinnen und Schüler. Denn die Impfstoffe in Deutschland sind aktuell nur für über 16-Jährige zugelassen.

Und selbst wenn irgendwann Impfungen auch für die Jüngeren und Jüngsten möglich sind, dann können sie nicht zur Voraussetzung für die Teilnahme am Unterricht gemacht werden. Denn in Deutschland gibt es keine Impf-Pflicht gegen das Coronavirus und sie ist auch nicht geplant.

Wann erfolgen welche Öffnungen?

Ob die Gastronomie öffnen darf, regelt die Coronaschutzverordnung des Landes NRW: Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz über 100 bleibt alles dicht, es ist nur Außer-Haus-Verkauf möglich. Liegt sie zwischen 50 und 100 darf unter Auflagen Außengastronomie öffnen und unter 50 auch unter Auflagen die Innengastronomie. Die Öffnungen sind zulässig - aber natürlich nicht verpflichtend.

Welcher Schulunterricht in NRW möglich ist, regelt das Infektionsschutzgesetz des Bundes ("Bundesnotbremse"): Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz über 165 ist Distanzunterricht Pflicht, bei über 100 muss Wechselunterricht erteilt werden und liegt sie stabil unter 100 ist Präsenzunterricht möglich. Die Entscheidung zum Präsenzunterricht in NRW ab dem 31. Mai (bei entsprechenden Inzidenzen) hat das NRW-Schulministerium zentral für das Land getroffen. Damit hätten die Schulen, so argumentiert NRW-Schulministerin Gebauer (FDP), einen hinreichenden Vorlauf für die Umstellung.

Es handelt sich also um einen begrenzten Zeitraum von teilweise nur wenigen Tagen, an denen die Biergärten offen sind und die Schulen dicht.

Fazit

Auch wenn es auf den ersten Blick ungerecht zu sein scheint, vielleicht sollte man es ganz praktisch sehen: Der letzte Sprint bis zum Präsenzunterricht lässt sich als Familie vielleicht leichter (er)tragen, wenn ein entspannter Ausflug mit Pommes, Limo und Bier in der Gastronomie wieder möglich ist.