Bisher galt laut Coronaschutzverordnung, dass trotz des Lockdowns Gottesdienste zu Weihnachten erlaubt sein sollten - unter strenger Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln. Angesichts der weiter hohen Infektionszahlen stellt die Landesregierung das aber nun doch infrage.
"Die Zahlen der vergangenen Tage legen eher nahe, dass man noch vorsichtiger sein muss, als wir es vor zwei Wochen dachten", sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dem Tagesspiegel. In den nächsten Tagen werde er nochmals mit den Kirchen sprechen.
NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) hat unterdessen am Dienstag die Kirchen in Deutschland klar zur Absage aller Präsenzgottesdienste zu Weihnachten aufgerufen. "Die völlig unabsehbare Entwicklung der Pandemie und die Nöte auf den Intensivstationen in vielen Teilen Deutschlands" machten dies seiner Meinung nach unausweichlich. Das erfuhr der WDR aus der NRW-Staatskanzlei.
Kirchen erwägen Verzicht auf Gottesdienste
Bisher hatte zunächst nur die evangelische Kirche Westfalen Verzicht empfohlen. Eine Absage hält jetzt auch das Bistum Essen für möglich. Viele würden sich fragen, ob es noch zu verantworten sei, Gottesdienste zu feiern. "Deshalb hat der Bischof gesagt, prüft das vor Ort und wenn ihr entscheidet, dass es nicht geht, dann sagt lieber eher Gottesdienste ab als dass ihr feiert", so der Domkapitular Michael Dörnemann.
Evangelische Kirchen verzichten auf Präsenzgottesdienste
- Die Lippische Landeskirche appelliert an ihre Gemeinden, vorerst auf alle Präsenzgottesdienste und Versammlungen zu verzichten. Diese Regelung soll bis zum 10. Januar gelten.
- Im Kreis Lippe in Augustdorf wurden Gottesdienste bis auf Weiteres von Kreis verboten. Zudem will sich der Landrat des Kreises an alle Glaubensgemeinschaften wenden und darum bitten, auf Präsenzveranstaltungen in den nächsten Wochen zu verzichten.
- Die Evangelische Kirchengemeinde in Hamm hat bereits mitgeteilt, dass es keine Präsenzgottesdienste in der Stadt geben wird.
- Auch im Evangelischen KirchenkreisDortmund ist diese Entscheidung bereits gefallen. Dort wird mindestens bis zum 10. Januar auf Präsenzgottesdienste verzichtet.
- Die Evangelische Kirche von Westfalen bittet ihre Gemeinden, auf Präsenzgottesdienste zu verzichten. Trotz der Hygienekonzepte sei es "ein Gebot der Vernunft, auf Versammlungen von Menschen möglichst zu verzichten, um Menschen nicht zu gefährden", heißt es. Die Menschen könnten aber Gottesdienste im Internet, Fernsehen und Radio mitfeiern.
- So plant beispielsweise der evangelische Kirchenkreis Tecklenburg neben einem Youtube-Gottesdienst mehrere Online-Angebote: Eine Podcast-Reihe in Rheine, einen Online-Adventskalender in Lengerich oder ein Krippenspielvideo in Ibbenbüren.
- Anders sieht es die Evangelische Kirche im Rheinland. Sie stellt es den Gemeinden frei, selbst je nach lokalem Infektionsgeschehen zu entscheiden. Präses Manfred Rekowski schreibt in einem Brief an die Gemeinden: "Beides, die Durchführung von Präsenzgottesdiensten wie die Feier von Gottesdiensten in anderen Formen, ist je nach Situation vor Ort eine verantwortbare Entscheidung."
Katholische Kirche will an Gottesdiensten festhalten
Die Katholische Kirche in NRW will an den geplanten Gottesdiensten an Weihnachten festhalten. Man habe schon seit Mai mit Gottesdiensten unter Pandemie-Bedingungen Erfahrungen sammeln können und es sei daraus kein bekanntes Infektionsgeschehen entstanden, heißt es vom Katholischen Büro in Düsseldorf, der Vertretung der Bischöfe in NRW. Mit den Gottesdiensten wolle man den Menschen in dieser Zeit Halt und Zuversicht geben.
- Auch das ErzbistumKöln hält an den Weihnachts-Gottesdiensten fest. Nach eigenen Angaben habe das Bistum durch sein Hygienekonzept einen hohen Infektionsschutz erreicht. Deshalb könnten katholische Gottesdienste weiterhin verantwortet werden.
- In den katholischen Kirchengemeinden im Münsterland soll es zu Weihnachten ebenfalls Präsenzgottesdienste geben. Das BistumMünster hält das erarbeitete Hygiene-Konzept für ausreichend.
- Im BistumEssen hat Bischof Franz-Josef Overbeck die katholischen Pfarreien aufgefordert, mit Blick auf die aktuelle Corona-Situation eigenständig über mögliche Absagen zu entscheiden. In einem Brief an alle Seelsorgerinnen und Seelsorger, die Kirchenvorstände und Pfarrgemeinderäte in den 42 Pfarreien zwischen Duisburg, Bochum und dem märkischen Sauerland schrieb Overveck, viele Verantwortliche seien „hin- und hergerissen, weil sie einerseits die dramatische Pandemie-Entwicklung sehen, andererseits aber auch die enorme Bedeutung weihnachtlicher Gottesdienste für viele Gläubige gerade in der jetzigen Lage spüren“. Weihnachtsgottesdienste seien nur dort möglich, wo sie sicher gefeiert werden können, so Overbeck, im Zweifel solle lieber abgesagt werden. Grund dafür könnten sehr viele Coronainfektionen sein, aber auch zu wenig Personal, um Hygiene- und Abstandsregeln zu gewährleisten.
- Auch im Erzbistum Paderborn sind weiterhin Weihnachtsgottesdienste geplant. Sie fänden unter verschärften Bedingungen statt, hieß es dort. Man wolle den Menschen mit den Gottesdiensten Halt, Trost und Zuversicht geben, begründet das Erzbistum die Entscheidung.
Gottesdienste per Stream
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) rät laut der Rheinischen Post, älteren Menschen "tatsächlich ans Herz zu legen, auf die Übertragungen im Internet, Fernsehen oder Radio auszuweichen.
Zahlreiche große und kleine Gemeinden in NRW streamen ihren Gottesdienst bereits seit Monaten und sind somit gut im Training für Heiligabend. Ob Ihre Gemeinde einen Stream zur Verfügung stellt, können Sie telefonisch oder auf den jeweilen Internetseiten erfragen.
Für Telefon-Fans gibt es vom Evangelischen Kirchenkreis in Hagen ergänzend bereits seit April Andachten per Anrufbeantworter.
TV- und Radiogottesdienste
Auch im Fernsehen sind wie jedes Jahr wieder Gottesdienste zu sehen: Das WDR-Fernsehen beispielsweise um 23:20 Uhr eine Christmette aus Nettetal. Im Radio überträgt WDR 5 überträgt ab 10 Uhr die Christmette der Hamburger Kirchengemeinde Altona-Ost. Am 25. Dezember um 10 Uhr überträgt der WDR einen TV-Gottesdienst mit dem bayerischen Landesbischof aus der Matthäuskirche in München.